Prozess:Reinigungskraft soll 425 000 Euro aus Toilettenanlage gestohlen haben

  • Einem 63-Jährigen wird vorgeworfen, 425 000 Euro aus den Münzgeldbeständen einer Toilettenanlage gestohlen zu haben.
  • Seine Lebensgefährtin, die Betreiberin der Anlage, bestreitet, etwas mit der Unterschlagung zu tun zu haben.
  • Sie sagte auch, dass es nicht möglich sei, so viel Geld unbemerkt zu entnehmen.

Von Imke Plesch

Beim Begriff Bahnhofsklo denken die meisten wohl spontan an etwas Dunkles, Dreckiges, an Drogenkonsum und unangenehme Begegnungen. Dass man sich an einem Bahnhofsklo mit mehr als 425 000 Euro bereichern kann, kommt einem wohl weniger in den Sinn.

Doch genau darum dreht sich ein Prozess, der am Mittwoch vor dem Münchner Landgericht begonnen hat. Ein 63-jähriger Mann ist angeklagt, über einen Zeitraum von viereinhalb Jahren etwa 425 000 Euro aus den Münzgeldbeständen der Toilettenanlage am Gleis elf im Münchner Hauptbahnhof unterschlagen zu haben. Er war dort als Reinigungskraft beschäftigt.

Seine 57-jährige Lebensgefährtin war die Objektleiterin der Anlage, zu der auch die Toilette am Gleis 26 gehört, und soll ihm laut Anklage unberechtigterweise den Schlüssel zu den Automaten überlassen haben. Der 63-Jährige soll dann Münzgeld entnommen und regelmäßig zwischen 300 und 4700 Euro unter dem Verwendungszweck "UKG" (ungerolltes Kleingeld) in der Hypovereinsbank am Bahnhof auf sein privates Girokonto eingezahlt haben.

Vor Gericht präsentiert sich ein äußerlich sehr gegensätzliches Paar. Der Angeklagte trägt einen langen grauen Bart und hat tiefe Furchen um die Augen. Er sitzt seit Oktober 2017 in Untersuchungshaft. Seine ehemalige Lebensgefährtin ist im Dezember auf Kaution aus der U-Haft entlassen worden. Sie hat lange blonde Haare und ist sehr modisch gekleidet. Der 63-Jährige schweigt zu den Vorwürfen, seine Lebensgefährtin bestreitet, etwas mit der Unterschlagung zu tun gehabt zu haben.

Die gelernte Krankenschwester war seit 2001 in der Toilettenanlage tätig. Als Objektleiterin war es ihre Aufgabe, die Automaten zu leeren und Scheine und Münzen in ihrem Büro in einem Safe zu deponieren, bevor sie abgeholt wurden. Außerdem musste in die Automaten regelmäßig Wechselgeld nachgefüllt werden. All das habe sie immer ordnungsgemäß protokolliert, erklärt sie.

Als sie Probleme mit ihrem Rücken bekam, habe sie ihren Lebensgefährten gebeten, für sie das Münzgeld aus der Anlage am Gleis elf in ihr Büro am Gleis 26 zu transportieren. Dafür habe sie ihm den Schlüssel für den Münzteil des Automaten gegeben, den er hinterher jedoch immer zurückgebracht habe. Dies habe sie der Betreiberfirma auch so gemeldet. Auch wenn sie krank geschrieben oder im Urlaub war, habe ihr Lebensgefährte oft die Leerung übernommen, ebenso wie ihr Schwiegersohn, der als Techniker in der Toilettenanlage am Gleis elf gearbeitet hat.

Ob in der 17 Jahre dauernden Beziehung über Geld gesprochen worden sei, will der Richter wissen. Nein, betont die Angeklagte, es habe auch keinen Zugriff auf die Konten des anderen gegeben. Sie habe die Miete und alle Fixkosten bezahlt, ihr Lebensgefährte Lebensmittel und den Jahresurlaub.

Für den habe er in mehreren Sparschweinen in der Wohnung Bargeld gesammelt - sie habe dagegen fast alle ihre Ausgaben mit Karte gezahlt. Die 57-Jährige betonte, dass es nicht möglich sei, so viel Geld aus den Automaten unbemerkt zu entnehmen. Die Firma hätte dies beim Vergleich zwischen der Abrechnung, die der Automat erstellt, und den tatsächlichen Beträgen im Safe bemerken müssen. Der Prozess wird fortgesetzt.

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