Prozess:Prozess gegen mutmaßlichen Vergewaltiger: Ehefrau wohl ebenfalls Opfer

Emrah T. soll zwei Joggerinnen attackiert und vergewaltigt haben.

Emrah T. sitzt im Landgericht. Offenbar wurde auch seine Frau Opfer von ihm.

(Foto: dpa)
  • Im Prozess gegen Emrah T. wegen mutmaßlicher Vergewaltigung war seine Frau zur Aussage vor Gericht geladen.
  • Dazu ist sie allerdings nicht in der Lage - offenbar wurde sie selbst Opfer des Beschuldigten.
  • Bei den Sozialpädagogen hinterließ das Ehepaar T. den Eindruck, "dass beide traumatisiert" seien.

Von Susi Wimmer

Emrah T. sitzt auf der Anklagebank, weil er im Dezember 2016 nahe der Emmeramsmühle eine Joggerin vergewaltigt und fast erwürgt haben soll. Bei dem Prozess kommt aber noch etwas anderes ans Licht, nämlich das, was der 28-Jährige seiner eigenen Familie, seiner Frau und seinen drei kleinen Kindern, angetan hat. Am achten Verhandlungstag verlas das Gericht nun die Stellungnahme einer Beratungsstelle, die die Familie betreut. Daraus geht hervor, dass die Ehefrau nicht zu einer Aussage vor Gericht in der Lage sei - offenbar ist sie selbst ein Opfer des Beschuldigten.

Zum zweiten Mal hatte das Landgericht München I die Ehefrau des Angeklagten zur Zeugenaussage geladen, zum zweiten Mal blieben die Stühle im Wartebereich vor dem Gerichtssaal leer. Die erste große Schwurgerichtskammer unter dem Vorsitz von Richter Michael Höhne verlas stattdessen den aktuellen Bericht einer Beratungsstelle. Diese betreute die Familie bereits seit 2016, kurz nachdem sie nach München geflüchtet war. Emrah T. hatte damals behauptet, man sei vor dem Krieg in Syrien geflüchtet, in Wirklichkeit aber stammte die Familie aus der Türkei.

Das Ehepaar kam mit seinem gehbehinderten Sohn an, der Ende 2015 in einer Rosenheimer Klinik operiert wurde. Im November 2015 wurde nahe der Klinik eine Spaziergängerin gewürgt und vergewaltigt, auch deshalb steht Emrah T. in München vor Gericht. Zeugen aus der Klinik hatten ausgesagt, dass die Ehefrau "regelrecht genervt" gewesen sei, weil ihr Mann zu allen möglichen Zeiten stundenlang verschwand und sie nicht wusste, wo er gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt war die Frau mit ihrem zweiten Sohn schwanger.

Bei den Sozialpädagogen hinterließ das Ehepaar T. den Eindruck, "dass beide traumatisiert" seien, der damals fast vierjährige Sohn sei kaum von der Mutter loszueisen gewesen. Als Emrah T. im April 2017 verhaftet wurde, sei für die erneut schwangere Ehefrau "eine Welt zusammengebrochen". Bei einem der Besuche der Polizei in der Flüchtlingsunterkunft, so erzählt ein Zeuge vor Gericht, sei sie vor Verzweiflung mit dem Kopf gegen die Wand gerannt. Auch die Krisenhelfer beschrieben die Frau in der Folgezeit als suizidal.

Heute sei die alleinerziehende Frau mit den drei kleinen Kindern, von denen alle verhaltensauffällig seien und eines im Rollstuhl sitze, in einem Wohnprojekt untergebracht. Sie leide an starken Erschöpfungszuständen und auch Ängsten vor möglichen Racheaktionen aus der Familie ihres Mannes, sollte sie vor Gericht nicht positiv für ihn aussagen. Auch habe sie starke Schamgefühle gegenüber den beiden Opfern.

Den Leidensweg in ihrer Ehe habe sie nie erzählt, aber beim Lesen der Zeitungsartikel über den mutmaßlichen Vergewaltiger erleide sie "Flashbacks". Sie habe Ähnliches erlebt, sogar im Beisein ihrer Kinder. Emrah T. soll seine Opfer immer massiv gewürgt und dann vergewaltigt haben.

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