Süddeutsche Zeitung

Prozess:Professor der Hochschule München wegen Nähe zu "Reichsbürger"-Szene entlassen

  • Ein Professor der Hochschule München verneinte in einer Reihe von Schreiben an verschiedene Behörden die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik.
  • Nach einem Disziplinarverfahren wurde der Dozent vorläufig seines Dienstes enthoben und seine Bezüge gekürzt.
  • Dagegen klagte der Professor vor dem Verwaltungsgericht - ohne Erfolg.

Von Andreas Salch

Ein Professor der Hochschule München, der sich nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts München zur "Reichsbürger"-Szene bekannt hat, ist aus dem Dienst entfernt worden. Der aus Landshut stammende Dozent hatte 2016 eine Reihe von Schreiben an verschiedene Behörden verschickt, die nahelegen, dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik negiert, wie die Richter der Disziplinarkammer am Donnerstag feststellten.

Als Hinweis darauf, dass der Beamte den Thesen der sogenannten Reichsbürger anhängt, werteten die Richter unter anderem seinen Antrag, einen Staatsangehörigkeitsausweis auszustellen. Für "Reichsbürger" hat dieses Dokument symbolische Bedeutung. Den Personalausweis oder Reisepass der Bundesrepublik Deutschland erkennen sie nicht an. Der Staatsangehörigkeitsausweis indes beruht auf dem früheren Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913, auf das sich "Reichsbürger" nach wie vor berufen.

In einem Brief an die Stadt Landshut hatte der Professor, der an der Fakultät für Informatik und Mathematik unterrichtete, kundgetan, er melde sich "in das Königreich Bayern" ab. In dem an die "Firma Landshut" adressierten Schreiben nannte er den damaligen Oberbürgermeister Hans Rampf "Geschäftsführer". Der Bundeskasse in Weiden, von der er aufgefordert worden war, seine Kfz-Steuer zu zahlen, teilte er lapidar mit, dass er nicht bereit sei, "Schenkungen zu leisten". Die Bundesrepublik Deutschland bezeichnete der Dozent in seinen Schreiben durchweg abschätzig als "Firma", "System" oder als "Staatssimulation".

Ende 2016 leitete der Freistaat Bayern ein Disziplinarverfahren ein mit dem Ziel, den Professor aus dem Beamtenverhältnis entfernen zu lassen. Bei einer internen Anhörung erklärte er, er fühle sich durch das Verfahren und den Vorwurf, den "Reichsbürgern" anzugehören, diffamiert. Er lehne die Rechtsordnung der BRD keineswegs ab. Im Dezember 2017 wurde der Dozent trotzdem vorläufig des Dienstes enthoben und bekam nurmehr 50 Prozent seiner Bezüge aus der Besoldungsgruppe B 2 - gegen diese Entscheidung klagte er nun vor dem Verwaltungsgericht München.

Zur Verhandlung am Donnerstag erschien der Hochschullehrer nicht und ließ sich auch nicht durch einen Anwalt vertreten. Möglicherweise erkenne er das Gericht nicht an, da er es als "privates Schiedsgericht" betrachtet habe, sagte der Vertreter des Freistaats Bayern. Wer Ansichten vertrete, wie es der Beklagte getan habe, dürfe dies nicht auf "Kosten des Steuerzahlers" tun und müsse aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden, so der Oberlandesanwalt.

Eine Zurückstufung als alleinige Disziplinarmaßnahme reiche nicht aus, stellte die Vorsitzende Richterin fest, auch wenn der Beamte seine "Umtriebe" im Herbst 2016 eingestellt habe. "Wer die Grundfesten des Staates derart leugnet, kann nicht im Beamtenverhältnis bleiben - unabhängig von dienstlichen Leistungen." Der Mann habe als Beamter seine "politische Treuepflicht" und seine "Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten" verletzt. Sein gesamtes Verhalten sei typisch für jemanden, der den "Reichsbürgern" angehöre.

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SZ vom 09.02.2018/huy
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