Prozess:Polizisten stoppen Radler mit der Autotür

  • Im Oktober 2015 radelte ein Mann in der Innenstadt über mehrere rote Ampeln.
  • Zwei Polizeibeamten entschlossen sich dazu, ihn "manuell zu bremsen". Dabei wurde der Radfahrer verletzt.
  • Der Fahrer des Polizeiwagens wollte den Strafbefehl des Gerichts nicht akzeptieren und legte Einspruch ein.

Von Andreas Salch

Der Herr Graf saß auf einem Fahrrad und nahm es mit der Straßenverkehrsordnung nicht so genau. Kurz vor Mitternacht am 2. Oktober 2015 radelte ein Spross aus einem hessischen Adelsgeschlecht durch die Innenstadt. Stand eine Ampel auf rot, fuhr der Graf einfach weiter. Die Versuche des Polizeibeamten Thomas B. und seines Kollegen, die hessische Erlaucht zum Anhalten zu bewegen, scheiterten.

Aus diesem Grund sollen sich die beiden Ordnungshüter dazu entschlossen haben, den Grafen "manuell zu bremsen", wie es im Strafbefehl der Staatsanwaltschaft heißt. Die manuelle Bremsung an der Ecke Marsstraße und Dachauer Straße fiel aber derart ruppig aus, dass die Staatsanwaltschaft gegen die Polizeibeamten wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt ermittelte.

Um den Grafen am Weiterfahren zu hindern, soll Thomas B. mit dem Streifenwagen in äußerst knappen Abstand und in einem sehr schrägen Winkel vor den Grafen gefahren sein. Noch ehe der Streifenwagen hielt, öffnete B.s Kollege die Beifahrertür. Folge: Der Graf fuhr dagegen, stürzte unsanft und prallte gegen ein anderes geparkte Auto.

Thomas B. zahlt 900 Euro

Dabei erlitt er allerhand Blessuren. Unter anderem am rechten Auge, am linken Oberarm, am Oberschenkel sowie "diverse kleinere Striemen am ganzen Körper", wie es im Strafbefehl heißt. "Eine derartige Anhaltung mittels geöffneter Tür war unverhältnismäßig und vom Polizeiaufgabengesetz nicht gedeckt", so die Staatsanwaltschaft.

Thomas B.s Kollege akzeptierte den Strafbefehl, den das Amtsgericht München gegen ihn erlassen hatte. Doch B. legte an diesem Dienstag gegen seinen Strafbefehl Einspruch vor dem Amtsgericht ein. Über seinen Verteidiger, Rechtsanwalt Hartmut Wächtler, ließ B. erklären, dass er sich keinesfalls mit seinem Kollegen abgesprochen habe, den Grafen derart rüde vom Rad zu holen.

Sein Mandant, so Wächtler, habe mit dem Grafen einen "richtig ordentlichen Täter-Opfer-Ausgleich" geschlossen. Das heißt, Thomas B. zahlt 900 Euro. Außerdem entschuldigte er sich bei dem Grafen im Gericht. "Es hört sich komisch an", sagte der 33-jährige Beamte zu seinem Opfer, "aber wir wollten Schaden von Ihnen abhalten." Wenn Thomas B. bis zum 20. Oktober die in Aussicht gestellten 900 Euro zahlt, wird das Verfahren endgültig eingestellt.

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