Prozess:Patient hat ein Recht auf seine Akte

  • Patienten haben das Recht auf vollständige Einsicht in die Behandlungsunterlagen ihres Arztes - egal, ob der Patient die Behandlung schon bezahlt hat oder nicht.
  • Auch die Versicherung darf die Patientenakte einsehen, um zu klären, ob ein Anspruch auf Schadensersatz besteht.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Patienten haben Anspruch auf vollständige Einsicht in die Behandlungsunterlagen ihres Arztes. Ein besonderes Interesse muss dafür nicht dargelegt werden. Das Amtsgericht München hat festgestellt, dass ein Doktor auch dann kein Recht hat, die Akte des Patienten zurückzuhalten, wenn die Behandlungsrechnung noch nicht bezahlt ist.

Eine Patientin aus München, die zwischen Dezember 2012 und Januar 2013 bei einer Zahnärztin in Schwabing in Behandlung war, ist mit dem Ergebnis nicht zufrieden: Die Zahnärztin soll eine Behandlung an ihr vorgenommen haben, die nicht absprochen war, und dabei eine Krone zerstört haben.

Außerdem klagt die Frau über fortwährende Schmerzen und einen bitteren Geschmack im Mund. Die Patientin informierte ihre Krankenversicherung darüber. Die Assekuranz beglich daraufhin die offene Behandlungsrechnung nicht vollständig, sondern forderte die Krankenunterlagen an.

Wertlose Röntgenaufnahmen

Die Ärztin reagierte zunächst nicht. Deshalb klagte die Versicherung vor dem Amtsgericht auf Herausgabe der Dokumentation in Kopie, gegen Erstattung der Kopierkosten. Erst da legte die beklagte Zahnärztin einen Teil der Krankenunterlagen vor, wobei die Kopien der Röntgenaufnahmen wegen ihrer schlechten Qualität wertlos waren.

In der mündlichen Verhandlung übergab sie dann noch einen elektronischen Karteikartenausdruck und erklärte ansonsten nur, dass in ihren Praxisräumen das Original der Röntgenaufnahmen angesehen werden könne. Sie begründete ihr unkooperatives Verhalten mit der noch offenen Rechnung.

Die Richterin stellte daraufhin fest, das der Anspruch der Patientin auf die Versicherung übergegangen sei, wegen eines denkbaren Anspruchs auf Schadensersatz. Somit habe die Versicherung auch das Recht auf Einsicht in die Patientenakte. Und diese müsse vollständig sein, sagte die Richterin. Selbst zum Prozess habe die Ärztin keine lesbaren Kopien der Röntgenunterlagen vorgelegt.

In ihrem Urteil sprach die Richterin der Zahnärztin auch das vermeintliche Recht ab, die Unterlagen wegen der offenen Rechnung zurückzubehalten. Hier gehe es doch gerade um die Aufklärung eines möglichen Behandlungsfehlers - und dieses Bemühen würde konterkariert, meint das Gericht, wenn Ärzte dem Anspruch auf Einsichtnahme in die Krankenunterlagen ein Zurückbehaltungsrecht entgegengehalten könnten. Das Urteil (Az.: 243 C 18009/14) ist rechtskräftig.

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