Prozess am Amtsgericht MünchenRentner gesteht, dass er seinem Online-Date Ecstasy verabreichte

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Am Amtsgericht München wurde ein 80-Jähriger zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem er einem Online-Date Ecstasy in einem Nusslikör verabreicht hatte.
Am Amtsgericht München wurde ein 80-Jähriger zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem er einem Online-Date Ecstasy in einem Nusslikör verabreicht hatte. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Der 80-Jährige hatte einen mit Drogen versetzten Nusslikör serviert. Das Gericht verurteilt ihn zu einer Bewährungsstrafe, befindet aber: Das Gemisch war nicht als K.-o.-Tropfen gedacht – eher im Gegenteil.

Von Andreas Salch und Susi Wimmer

Sein Mandant sei 80 Jahre alt, er habe keine Kraft für einen langen Prozess, sagte Rechtsanwalt Alexander Esser und räumte im Namen von Josef T. die vorgeworfenen Taten ein. Die Amtsrichterin hatte „keinerlei Zweifel an der Richtigkeit des Geständnisses“ und eben daran, dass der Senior ganz bewusst seinem Online-Date ein zweifelhaftes Elixier kredenzt hatte: nämlich Nusslikör, versetzt mit Cannabis und Ecstasy. Wegen gefährlicher Körperverletzung und unerlaubtem Verabreichen von Betäubungsmitteln verurteilte sie den Münchner zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten.

Josef T. ist von Beruf Künstler, verwitwet, und, wie er erklärte, „einsam“. Deshalb habe er sich auf der Internetplattform Zweisam.de nach Damenbekanntschaften umgeschaut. Im März 2022 stieß er auf Gloria R. (Name geändert) und lud sie in seine Wohnung nach Milbertshofen ein. Er wolle jemanden, mit dem er Zeit verbringen, etwa gemeinsam kochen könne, erzählte Josef T. vor Gericht. Die Chats im Vorfeld sprechen eine andere Sprache. Darin ging es unverblümt um Sex.

Beim ersten Treffen kippte T. seiner Bekanntschaft aus einem kleinen braunen Fläschchen eine Flüssigkeit in den Tee, die er als „Naturheilmittel aus Nüssen“ beschrieb. Er selbst erklärte vor Gericht, er habe lediglich Nusslikör und sein ärztlich verordnetes Cannabis-Öl-Gemisch verwendet. Die Frau bekam Schweißausbrüche und Schüttelfrost, ließ sich aber wenige Tage später auf ein zweites Treffen ein.

Dieses Mal servierte Josef T. Weißwein und wieder diese süße braune Flüssigkeit, die er als „Naturheilmittel“ anpries. Gloria R. mochte den Geschmack, trank mehrere kleine Gläser – und verbrachte die Nacht mit Herzrasen, Schwindel und Schweißausbrüchen in einer Klinik. In ihrem Blut fand man „erhebliche Mengen“ an MDMA, also der Partydroge Ecstasy, so die Richterin. Nach der Einnahme, so hatte Gloria R. einer Kripobeamtin erzählt, sei sie in eine Art Dämmerzustand verfallen, Josef T. habe sie befummelt. Josef T. sagte dem Gericht, er habe diesen Nussschnaps von einem Untermieter geschenkt bekommen und nicht gewusst, dass sich darin Ecstasy befunden habe.

Wollte der Rentner die Frau sedieren und gefügig machen? Davon ging das Gericht nicht aus. Die vorangegangenen Chats würden eindeutig für ein beiderseitiges sexuelles Interesse sprechen, und MDMA, so trug eine Sachverständige vor, würde in geringerer Dosis die Lust steigern und Hemmungen schwinden lassen. Die Frau sei nach dem Trinken mehrerer „Schnäpse“ nicht in einen Dämmerschlaf verfallen, sondern habe vielmehr eine Art Blackout erlitten. Das Gericht gehe jedoch – im Zweifel für den Angeklagten – davon aus, dass Josef T. die Flüssigkeit nicht als K.-o.-Tropfen einsetzen wollte. „Aber das macht die Angelegenheit nicht weniger gefährlich“, sagte die Richterin.

Zu viel spricht gegen den Rentner

Zu Prozessbeginn hatte Josef T. an der Geschichte festgehalten, ein bosnischer Untermieter habe ihm aus seiner Heimat den selbst gebrannten Nussschnaps Orechovica mitgebracht. Am zweiten Verhandlungstag dann regte Verteidiger Alexander Esser ein Rechtsgespräch mit Gericht und Staatsanwaltschaft an. Anschließend stellte die Richterin dem Angeklagten bei einem Geständnis eine Bewährungsstrafe zwischen einem Jahr, drei Monaten und einem Jahr, zehn Monaten in Aussicht. Josef T. nahm das Angebot an und bekannte sich zu den Vorwürfen aus der Anklage.

„Sie haben der Frau zweimal ein mit MDMA versetztes Getränk verabreicht“, daran hatte die Richterin in ihrem Urteil keinen Zweifel. Man habe die Substanz im Blut der Frau gefunden – und bei Josef T. in der Wohnung ein Fläschchen mit entsprechenden Rückständen. Dazu würden auch die Symptome von Gloria R. passen. Sie leide bis heute psychisch unter der Tat, sie „denkt jeden Tag daran“. Josef T., so trug ihm das Gericht auf, muss der Frau einen Entschuldigungsbrief schreiben und ihr ein Jahr lang jeden Monat 100 Euro überweisen. Die Bewährungszeit wurde auf drei Jahre festgesetzt. „Ich hoffe, Ihnen dient das Urteil zur Warnung und dass wir uns hier nicht mehr sehen“, schloss die Richterin.

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