Prozess:Musikprofessor schweigt vor Gericht zum Vorwurf der sexuellen Nötigung

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Wehrt sich vor Gericht gegen den Vorwurf der sexuellen Nötigung: Siegfried Mauser mit seinen Anwälten Stephan Lucas (li.) und Alexander Stevens (re.). (Foto: Robert Haas)
  • Der ehemalige Rektor der Musikhochschule muss sich wegen sexueller Nötigung mit Gewalt verantworten.
  • Der heutige Leiter des Salzburger Mozarteums äußerte sich nicht zur Anklage, er überließ es seinen Anwälten.

Von Christian Rost

Inzwischen liegt an der Hochschule für Musik und Theater ein Flyer aus: "Nein heißt Nein" steht darauf, als Warnung, dass sexuelle Übergriffe Konsequenzen haben. Dass der Flyer aufgelegt wurde, hängt direkt mit einem Fall zusammen, der seit Mittwoch unter großem Medieninteresse am Münchner Amtsgericht verhandelt wird. Der ehemalige Rektor der Musikhochschule und heutige Leiter des Salzburger Mozarteums muss sich wegen sexueller Nötigung mit Gewalt verantworten.

Der 61-jährige Siegfried Mauser ist Ausnahme-Pianist, er hat alle Mozart-Sonaten eingespielt, gilt als bedeutender Interpret von Klavierwerken des 20. Jahrhunderts. Er ist eine Art Ikone in der Welt der klassischen Musik, momentan aber leidet sein Ruf schwer unter der Anklage der Münchner Staatsanwaltschaft: Vor sieben beziehungsweise drei Jahren soll er zwei Frauen in der Musikhochschule sexuell bedrängt haben.

Erst habe er eine heute 59-jährige Professorin der Einrichtung bei einem Treffen in seinem Büro am Gasteig intensiv geküsst und versucht, die Frau auszuziehen. Dann nutzte er laut Staatsanwalt Markus Michl eine Konzertprobe mit einer 60-jährigen Dozentin und Gitarristin, um sie ebenfalls gegen ihren Willen zu küssen und unter der Kleidung an der Brust und im Intimbereich anzufassen.

Mauser äußerte sich nicht zur Anklage, er überließ es seinen Anwälten Alexander Betz, Alexander Stevens und Stephan Lucas, die Vorwürfe scharf zurückzuweisen. "Apodiktisch" bestreite ihr Mandant, so etwas je getan zu haben. Er sei kein "rücksichtsloser Lüstling".

Auf ihn werde "mit Schmutz geworfen, damit etwas hängen bleibt", so Betz. Dass sich Mauser für absolut unschuldig hält, demonstrierte er, indem er sich mit seinen Anwälten auf die Verteidigerbank setzte und nicht auf den für den Angeklagten reservierten Platz.

Auch die Hochschule gerät durch das Verfahren in ein schiefes Licht

Das Publikumsinteresse war am ersten Prozesstag enorm, einige Interessierte fanden keinen Platz im Saal und mussten vom Vorsitzenden Richter des Schöffengerichts, Matthias Braumandl, vor die Tür geschickt werden. Darunter einige Mitarbeiter der Musikhochschule. Denn nicht nur für Mauser geht es um seinen Ruf und damit um seine berufliche Existenz.

Auch die Hochschule gerät durch das Verfahren in ein schiefes Licht. Wie kann es sein, dass die Staatsanwaltschaft nicht nur im Fall Mauser ermittelt hat, sondern auch Untersuchungen gegen einen anderen Professor wegen sexueller Übergriffe dort liefen? Was ist dran an Gerüchten, dass Frauen an der Hochschule im Umgang mit gewissen Männern besonders aufpassen müssten?

Die Professorin, die das erste Opfer des Rektors gewesen sein soll und heute Vizepräsidentin der Einrichtung ist, bestätigt nicht nur, dass Mauser sie angegangen habe. Sie erzählt auch von den Gerüchten, die unter Studentinnen kursierten. Als ihr diese Geschichten zu Ohren gekommen seien, habe sie sich schließlich doch entschlossen, Anzeige gegen den Rektor zu erstatten, obwohl die mutmaßliche Tat da schon Jahre zurücklag.

Nach dem Übergriff sei sie schockiert gewesen, habe aber dennoch das Büro des Rektors nicht sofort verlassen, weil es eben wichtige Dinge zu besprechen gegeben habe. Danach aber suchte die Professorin ihren Angaben zufolge die Frauenbeauftragte der Hochschule auf. Dort riet man ihr, den Rektor um eine schriftliche Entschuldigung zu bitten. Die kam dann nur telefonisch mit der Bemerkung: "Ich wäre ja so sexy gewesen", erinnert sich die Frau.

"Wie versteinert" fühlte sich die Gitarristin nach der mutmaßlichen Nötigung durch den Rektor. Diese soll sich im Hochschulgebäude an der Arcisstraße ereignet haben, an einem Sonntag, als sich sonst niemand im Gebäude befand. "Ich bin hier gefangen", habe sie gedacht, als er rasch ihre Bluse und Hose geöffnet habe. Für die in einer lesbischen Beziehung lebende Frau kam das völlig unvermittelt, zumal sie mit Mauser seit Jahren gut bekannt ist und sogar dessen Trauzeugin war.

Die Verteidiger argumentierten, selbst wenn es solche Vorfälle gegeben habe, seien sie entweder verjährt oder die Grenze zur Strafbarkeit sei gar nicht überschritten worden. Die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen versuchten die Anwälte zu erschüttern, indem sie einen Zusammenhang mit dem Gerangel um Posten an der Hochschule unterstellten.

Die Professorin wies dies zurück. Sie beharrte darauf, dass sie ihre Stelle nicht mithilfe des Rektors bekommen habe. Auch wollte sie sich nicht auf Spekulationen einlassen, wonach eine vierte Amtszeit des Rektors in München verhindert werden sollte. Immerhin, so die Verteidiger, habe sie in der Musikhochschule ihre Version von dem mutmaßlichen Übergriff herumerzählt. Die Frau sagte, sie habe sich damit "schützen" wollen. Der Prozess wird im Mai fortgesetzt.

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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