Prozess:Millionen-Dieb lässt Handy mit Selfies liegen

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Viel Geld, nicht ganz so viel Glück: Ein Missgeschick führte die Ermittler zu einem der mutmaßlichen Täter. (Foto: Bundesbank/dpa)
  • Der Prozess gegen Rijad K. am Landgericht wurde nach einem Antrag seiner Verteidiger zunächst ausgesetzt.
  • Der Fahrer eines Geldtransporters soll sich am 24. August des vergangenen mit mehr als 1,1 Millionen Euro abgesetzt haben.
  • Der Angeklagte schweigt, Selfies auf einem Handy brachten die Ermittler auf seine Spur.

Von Andreas Salch, München

Es war ein spektakulärer Coup: Der Fahrer eines Geldtransporters fuhr einfach davon, nachdem er seine beiden Kollegen vor einem Kreditinstitut in Hadern abgesetzt hatte. Am Steuer des gepanzerten Wagens saß am 24. August des vergangenen Jahres Rijad K. Bei seiner Flucht erbeutete er mehr als 1,1 Millionen Euro. Doch schon einen Tag später wurde der 27-Jährige festgenommen, als er die ungarisch-serbische Grenze zu Fuß überqueren wollte. Seitdem schweigt er beharrlich zu den Vorwürfen. Von dem Geld fehlt bis heute jede Spur. Doch ein Handy brachte die Ermittler zumindest auf die Fährte seines mutmaßlichen Komplizen.

Nach dem Coup in Hadern stellten Fahnder ein Mobiltelefon in dem verlassenen Geldtransporter sicher, das offenbar jemand dort vergessen hatte. Auf dem Gerät fanden die Beamten Selfies, mutmaßlich Schnappschüsse von Rijad K.s Komplizen. Die Staatsanwaltschaft erließ Haftbefehl. Zunächst wurde der falsche Mann festgenommen - der Bruder des Handybesitzers -, doch bald fassten die Ermittler den richtigen Verdächtigen. Auch er macht keine Angaben zur Tat. DNA-Spuren könnten ihn überführen, bislang aber weigere er sich, eine Probe abzugeben, sagt Oberstaatsanwältin Anne Leiding. Die Ermittler wollen deshalb einen richterlichen Beschluss, dann wäre der mutmaßliche Komplize dazu gezwungen.

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Bei dem Millionen-Coup fuhr Rijad K., nachdem seine Kollegen aus dem Geldtransporter ausgestiegen waren, nur wenige Hundert Meter weit und stellte das Fahrzeug dann auf einem Parkplatz ab. Dort nahm er die Geldkoffer, lud sie in einen Fluchtwagen und verschwand. Zeugen berichteten der Polizei, es habe sich um zwei Männer gehandelt - also fahndeten die Ermittler sofort auch nach einem Komplizen. Die leeren Koffer fanden sie später im Burgkmairpark in Laim.

Am Dienstag hätte der Prozess gegen Rijad K. am Landgericht beginnen sollen. Doch kurz nachdem er auf der Anklagebank zwischen seinen beiden Verteidigern Platz genommen hatte, stellten diese einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens. Unter anderem rügten sie, dass sie keine Mitteilung zur Besetzung des Gerichts erhalten hätten. Zur Prüfung dieser Mitteilung benötigten sie eine Woche, sagte Rechtsanwältin Adrijana Blazevska-Gkiztavidis. Außerdem stelle sich angesichts der Verhaftung des mutmaßlichen Komplizen der gesamte Sachverhalt nun anders da, argumentierte sie. Zur Verlesung der Anklage kam es erst gar nicht. Nach zwei Beratungspausen beschloss die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Robert Hamberger, das gesamte Verfahren auszusetzen. Ein neuer Termin wurde noch nicht bestimmt. Aller Voraussicht nach soll sich Rijad K. nun ab Mitte November verantworten müssen. Ihr Mandant werde dann Angaben zu den Vorwürfen machen, kündigten seine Verteidiger an.

Ob sich der 27-Jährige dann auch zum Verbleib der Millionen-Beute äußern wird, dazu sagten die Verteidiger nichts. Auch wie es Rijad K. überhaupt schaffen konnte, den Sicherheitscheck des Transportunternehmens zu bestehen, ist unklar. Denn schon vor der Tat wurde gegen ihn wegen mehrerer Eigentums- und Körperverletzungsdelikte ermittelt.

© SZ vom 26.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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