Prozess um Messerangriff:"Hau' ab, sonst stech' ich dein Kind ab"

Polizeieinsatz nach Messerattacke eines psychisch Kranken in München, 2017

Mit 500 Einsatzkräften suchte die Polizei im Oktober 2017 nach dem Mann, der wahllos mehrere Passanten angegriffen hatte.

(Foto: Johannes Simon)
  • Im Oktober 2017 schlug und stach Patrick H. wahllos auf acht Passanten ein.
  • Am Mittwoch sagten nun die Opfer in dem Prozess aus.
  • Patrick H. ist schizophren, daher fordert die Staatsanwaltschaft, dass er dauerhaft in einer geschlossenen psychiatrischen Klink untergebracht wird.

Von Andreas Salch

Sie kamen gerade vom Bäcker oder vom Wochenendmarkt, als ihnen am frühen Morgen des 21. Oktober vergangenen Jahres zufällig Patrick H. über den Weg lief. Keiner der acht Passanten - sechs Männer, eine Frau und ein inzwischen 13 Jahre alter Schüler - hatte den 34-Jährigen jemals zuvor in seinem Leben gesehen. Manche von ihnen fragte der aus Nordrhein-Westfalen stammende Chemietechniker, ob sie zur Bankiersfamilie Rothschild gehören oder ob sie Hellseher seien.

Dann schlug oder stach er mit einem Messer, das eine knapp neun Zentimenter lange Klinge hatte, sofort auf sie ein. Keines der Opfer wurde glücklicherweise lebensgefährlich verletzt. Alle Attacken spielten sich in der Au, in Haidhausen und Berg am Laim ab. Die Polizei rückte mit einem Großaufgebot aus, um den Täter zu fassen. Am Mittwoch sagten die Opfer in dem Prozess vor der 2. Strafkammer am Landgericht München I aus. Patrick H. ist schizophren. Die Staatsanwaltschaft fordert, dass er dauerhaft in einer geschlossenen psychiatrischen Klink untergebracht wird.

Bereits einen Tag vor den Angriffen im Münchner Osten hatte er am Candidplatz eine Grafikerin unvermittelt mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Er habe sie gefragt, ob sie "auf Hellseher" warte, berichtet die 53-Jährige. H. habe "volle Kante" zugeschlagen, so dass "ich umgefallen bin", sagt die Grafikerin. In der Nacht auf den 21. Oktober 2017 hatte der damals wohnsitzlose Chemietechniker auf einer Parkbank am Auer Mühlbach geschlafen. Als er aufwachte, boxte er in die Luft. Kurz darauf, gegen 8.25 Uhr, attackierte er sein erstes Opfer - einen Mann, der an der Parkbank vorbeilief.

Ein Nachbar, der gerade seinen Hund ausführte, ging dazwischen. Er habe gleich den Eindruck gehabt, dass der Täter "eine Psychose hat, das war eindeutig", erinnert sich der 48-jährige Zeuge. Auch ihn griff H. mit seinem Messer an. Es sei bereits das dritte Mal in seinem Leben, dass er mit einem Messer attackiert worden sei, so der Mann. Diesmal sei es jedoch ganz anders gewesen. Nämlich nicht, um ihn auszurauben, sondern "ganz ohne Intention." Es sind bizarre Szenen, von denen die Zeugen dem Vorsitzenden, Richter Norbert Riedmann, berichten.

Zu den Opfern von Patrick H. zählt auch ein 13 Jahre alter Schüler. Auf dem Fußweg an der Unterführung Siegertsbrunner-/Ständlerstraße hatte Patrick H. zu ihm gesagt: "Du siehst aus wie ein Hellseher", dann schlug er ihm zwei Mal mit der Faust ins Gesicht. Den dritten Schlag wehrte der Gymnasiast ab und versetzte H. einen Stoß mit den Ellbogen in den Bauch. Patrick H. sei dann mit seinem Rad "verwirrt" weggefahren.

Der 13-Jährige sagt, er mache seit knapp neun Jahren Karate. Vor dem Aufeinandertreffen mit dem Schüler hatte der Chemietechniker in Haidhausen auch einen Familienvater, der mit seinem eineinhalb Jahre alten Sohn gerade vom Bäcker kam, mit seinem Messer angegriffen. Der Angestellte fiel zu Boden. Patrick H. habe ihm gedroht: "Hau' ab, sonst stech' ich dein Kind ab." Einen Tag später, als Kriminalpolizisten den Mann in seiner Wohnung vernahmen, fiel ihnen auf, dass sein Kind mehrmals sagte: "Mann-Messer." Der Prozess wird im September fortgesetzt.

Zur SZ-Startseite
Polizeieinsatz nach Messerattacke eines psychisch Kranken in München, 2017

München
:Messerstecher soll in Psychiatrie

Attacken in Haidhausen: Staatsanwaltschaft hält mutmaßlichen Täter für schuldunfähig

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: