Prozess:Messerattacke an der Haustür

Angeklagter soll nach Angriff in Psychiatrie untergebracht werden

Fidan B. trägt die Haare modern geschnitten, die Seiten kahlrasiert, oben ein schmaler Streifen seines gegelten blonden Haarschopfs. Das weiße Hemd hat er offen, er gibt sich reflektiert und vernünftig. Was am 7. Januar 2019 in seinem Kopf vorging, daran kann er sich allerdings nicht mehr erinnern. Völliger Blackout. Die Staatsanwaltschaft dagegen schildert das Geschehen lückenlos: Dass B. gegen Mittag in einem Zustand der paranoiden Schizophrenie völlig wahllos an einem Anwesen in der Lüderitzstraße in Zamdorf klingelte und mit einem Messer auf einen 57-jährigen Mann einstach, der die Türe öffnete. Das Opfer kam mit oberflächlichen Stich- und Schnittwunden davon. Fidan B. wird vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München I versuchter Mord vorgeworfen, er soll aber nicht schuldfähig sein und in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden.

Wenn Fidan B. (Name geändert) aus seinem Leben erzählt, klingt das zunächst einmal ganz normal. Es ist ein Lebensweg mit etlichen Abbrüchen, sei es in der Hauptschule oder bei der Ausbildung zum Verkäufer. Aber als Teppichreiniger habe er sich wohl gefühlt und einen guten Job gemacht, versichert er. Der Arbeitgeber sah das anders und trennte sich von Fidan B. nach zwei Abmahnungen. Und auch als der gebürtige Münchner erzählt, er habe seinen Führerschein verloren, weil er zweimal mit 20 Stundenkilometern zu schnell erwischt und sich einmal ein Auto vor ihn gedrängt habe, klingt das etwas merkwürdig. Nach dem Auflösungsvertrag sei er in eine "extreme Schlaf- und Essstörung" gerutscht, er habe Versagensängste gehabt und sei "in Trauer und Wut verfallen". Monate vor der Tat habe er wieder angefangen zu kiffen, und kurz vor der Tat habe er ein Video angeschaut von einem katholischen Prediger. Was dann folgt, ist der große Filmriss. "Ich hab mich da so reingesteigert, dass ich einen Blackout hatte."

Nach der Tat befand sich Fidan B. 14 Tage lang in einem Isolationszimmer im Isar-Amper-Klinikum, er wurde mit Tabletten behandelt, seit Juni erhält er eine Depotspritze. "Die Ärzte sagen, es war eine Psychose, ich hab das für mich akzeptiert." Er nehme alle Behandlungsangebote wahr, "ich will verstehen, was mit mir los ist". Und er will wieder "vernünftig arbeiten können", am liebsten als Ernährungsberater im Fitnessbereich. "Da haben Sie sich hohe Ziele gesteckt", sagt die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ehrl. Der Prozess dauert bis Ende September.

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