Süddeutsche Zeitung

Prozess:Mann rast mit Tempo 140 durch die Stadt - im Rennbuggy

Lesezeit: 2 min

Von Christian Rost

Als Sigmar F. an einem Sonntag im Oktober 2012 mit seinem Rennbuggy mit 138 Stundenkilometern durch den Tunnel am Altstadtring heizte, hatte er das Potenzial seines Gefährts noch lange nicht ausgeschöpft. In 7,5 Sekunden schafft es der zweisitzige Flitzer von 0 auf 200 Stundenkilometer.

Am Altstadtring ist allerdings Tempo 50 vorgeschrieben, weshalb sich gleich eine Zivilstreife an den Buggy vom Typ "Ariel Atom" heftete. Die Polizisten bekamen den Fahrer schließlich nach einer wilden Verfolgungsjagd zu fassen.

Das Münchner Landgericht verurteilte ihn zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe und verhängte eine Führerscheinsperre von sechs Monaten. Doch die Lizenz bekam er von der Führerscheinstelle des Kreisverwaltungsreferats auch nach Ablauf der Frist nicht zurück. Deswegen klagte Sigmar F. vor dem Verwaltungsgericht.

F. wehrte sich gleich gegen mehrere Auflagen der Behörde. So soll er künftig beispielsweise ein Fahrtenbuch führen. Der PS-verliebte Mann, der nach dem Verkauf seiner Modefirma als Privatier seinen Hobbys nachgehen kann, empfindet das offenbar als unzumutbar. Schon die Verfolgungsjagd mit der Polizei zeigte, dass er sich mit Regeln und Verboten nicht lange aufhält.

Auch eine Polizeisperren konnte den Raser nicht stoppen

Die Zivilstreife hatte den mit zwei Personen besetzten Buggy zunächst an der Ampel vor der Staatskanzlei einholen können. Dort blieb er aber nur kurz stehen und gab gleich wieder Gas. Mit bis zu 140 Stundenkilometern raste er über die Isar und kreuz und quer durch Haidhausen.

Ein Sightseeing-Bus musste wegen des Flitzers eine Vollbremsung hinlegen. Als es dann weiter Richtung Süden ging, konnte der Polizei-BMW kaum mithalten. Auch mehrere Streifenwagen, die in der Rosenheimer Straße einen künstlichen Stau bildeten, konnten den Buggy nicht stoppen. Er raste einfach mit Tempo 60 über den Gehweg weiter.

Zwei Fußgängerinnen mussten sich mit ihrem Kinderwagen in eine Hecke drücken, um nicht erfasst zu werden. F. ignorierte auch mehrere rote Ampeln bei seiner halsbrecherischen Fahrt. Erst als er in einen Innenhof einbog und seinen Beifahrer absetzte, der sich aus dem Staub machte, konnten Polizeiautos den Buggy einkreisen.

Ein Fahrtenbuch für sechs Rennsportwagen

Die Beamten nahmen F. fest. Das Fahrzeug wurde eingezogen. Das Münchner Amtsgericht verhängte eine siebenmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung. Als F. gegen das Urteil in Berufung ging, bekam er am Landgericht sogar noch einen Monat mehr aufgebrummt.

Auch am Verwaltungsgericht lief es nicht nach seinen Vorstellungen. Es wies am Mittwoch mehrere seiner Klagen zurück. Deshalb muss er künftig für alle seine sechs Rennsportwagen, die er auch vermietet, ein Fahrtenbuch führen. Seinen Führerschein bekommt er wohl auch nicht so schnell zurück.

Zwar gab es dazu noch kein Urteil, der Richter meinte aber, dass F. um eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) wohl nicht herumkomme. Solange dieser Test nicht bestanden ist, muss F. zu Fuß gehen.

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Quelle:
SZ vom 03.03.2016
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