Prozess:Mann fordert 120 000 Euro Schadenersatz vom FC Bayern

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Weil das Match gegen Manchester als Risikospiel eingestuft war, sollten erhöhte Sicherheitsmaßnahmen gelten. (Foto: Robert Haas)
  • Ein Mann aus Österreich wurde im April 2014 schwer verletzt, als ein Manchester-Fan ihn überrannte und über das Drehkreuz direkt vor ihm sprang.
  • Der 44-Jährige klagt nun gegen die FC Bayern AG, weil diese nicht ausreichend dafür gesorgt habe, dass solche Unfälle vermieden werden.
  • Der Vorschlag des Richters, die Klage gegen eine Zahlung von 10 000 Euro an den Geschädigten einvernehmlich zu erledigen, lehnen beide Seiten ab.

Von Stephan Handel

Drei Tore schoss der FC Bayern am 9. April 2014 gegen Manchester United. Dass die Fußballer dadurch ins Halbfinale der Champions League einzogen, bekam Fritz Rettensteiner aus Bischofshofen in Österreich schon nicht mehr mit - bevor das Spiel begann , war er von einem sogenannten Drehkreuz-Springer schwer verletzt worden. Nun klagt er gegen die FC Bayern AG auf Schadenersatz. Am Mittwoch war der erste Verhandlungstermin vor dem Landgericht.

Ein englischer Fußballfan wollte sich den Eintritt in die Allianz Arena sparen und sprang über das Drehkreuz, das eigentlich erst nach Überprüfung des Tickets den Zutritt freigibt. Direkt dahinter stand der 44-jährige Versicherungsagent aus dem Pongau. Der Engländer rannte ihn über den Haufen; Rettensteiner erlitt einen Bruch der Kniescheibe und der Elle und verlor einen Zahn. Bis heute geht er am Stock.

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Der Rekordmeister verschärft zu dieser Saison die Sicherheitsvorkehrungen in der Arena in Fröttmaning. Flüssigkeitsbehälter sind gar nicht, Rucksäcke nur noch im A-4-Format erlaubt.

Der Manchester-Fan wurde zwar von Ordnern erwischt; seine Personalien sind bekannt. Unsicher jedoch ist, ob bei ihm etwas zu holen wäre, zudem wäre es ausgesprochen kompliziert, eine Vollstreckung in England zu erreichen. Deshalb klagt Rettensteiner nun gegen die FC Bayern AG, in der der Verein seine Profifußball-Aktivitäten zusammengefasst hat. Insgesamt beläuft sich die Forderung auf gut 120 000 Euro, sagt sein Rechtsanwalt Gerd Schneider.

Denn, so der Jurist: Der FC Bayern habe nicht ausreichend dafür gesorgt, dass Unfälle wie der seines Mandanten verhindert werden. Er führt Beispiele aus anderen deutschen Stadien an, Nürnberg etwa: Dort sind die Drehkreuze so hoch, dass sie auch der durchtrainierteste englische Hooligan nicht überspringen könnte. In anderen Arenen wird bei der Leibesvisitation auch gleich geprüft, ob der Besucher überhaupt ein Ticket hat - hat er keines, kommt er gar nicht erst in die Nähe des zu überspringenden Drehkreuzes. "Das ist eine einfache und zumutbare Maßnahme zur Verbesserung der Sicherheit", sagte Schneider in der Verhandlung. Weil die Bayern darauf verzichten, verletzen sie ihre Verkehrssicherungspflicht, und deshalb müssen sie für den Schaden haften, den sein Mandant erlitten hat.

Naturgemäß ganz anders sieht das Gerhard Riedl, der die FC Bayern AG vertritt: Seit zwölf Jahren gibt es Fußballspiele in der Arena, pro Jahr kommen zwei Millionen Zuschauer, die "Drehkreuzspringer" treten in vernachlässigbarer Anzahl auf - "vier bis fünf pro Jahr". Und in all den Jahren habe es noch nie ein Vorkommnis wie das des Klägers gegeben - "kein Sicherheitsrisiko, sondern ein bedauernswerter Unfall", sagte Riedl. Und deshalb sehe sein Mandant überhaupt keinen Grund für eine Zahlung.

Die beiden Anwälte diskutieren dann noch ein bisschen mit dem Richter, vor allem darüber, ob der Veranstalter verpflichtet werden kann, jedes nur denkbare Risiko auszuschließen, Tendenz: eher nein. Allerdings muss Riedl dann zugeben, dass das Match gegen Manchester als "Risiko-Spiel" eingestuft war - in diesem Fall sollte es eine zusätzliche Ticket-Kontrolle geben. Ob die aber tatsächlich stattfand, kann er nicht sagen. Der Richter meint, darüber müsse er nachdenken, auch weil keine der beiden Seiten seinem Vorschlag folgt, gegen eine Zahlung von 10 000 Euro an Rettensteiner die Klage einvernehmlich zu erledigen. So geht's nun am 5. April in die Verlängerung.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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