Prozess:Klinik verklagt Stadt auf Schadenersatz

Negative Schlagzeilen, Umbaukosten, fehlende Patienten: Weil städtische Kontrolleure im Herbst 2011 Hygiene-Mängel anprangerten, klagt die private Rinecker-Klink auf Schadenersatz. Sie will 2,5 Millionen Euro von der Stadt München.

Von Andreas Salch

Die Stadt München ist von der privaten Rinecker-Klinik vor dem Landgericht auf 2,5 Millionen Euro Schadenersatz verklagt worden. Nachdem städtische Kontrolleure im Herbst 2011 mehrere Hygiene-Mängel festgestellt hatten, durften in der Folge bestimmte Operationen nur noch in einem von sechs OP-Sälen durchgeführt werden. In die anderen Säle mussten automatische Türen eingebaut werden. Wenig später berichtete die Boulevard-Presse unter Schlagzeilen wie "Hygiene-Alarm in der Rinecker-Klinik" über den Fall.

Klinik-Inhaber Hans Rinecker sagt, sein Haus habe aufgrund der negativen Berichterstattung von Oktober 2011 bis April 2012 rund 400 Operationen weniger machen können als in den Vergleichszeiträumen der Vorjahre. Aus Furcht vor Infektionen seien weniger Patienten gekommen oder von Ärzten überwiesen worden. Den dadurch entstandenen Schaden beziffert Rinecker auf 2,5 Millionen Euro.

Im März vergangenen Jahres hatte die Klinik vor dem Verwaltungsgericht München gegen den Bescheid der Stadt geklagt und bekam Recht. Die Richter stellten fest, dass die Anordnung zum Einbau automatischer Türen "formell rechtswidrig" war. Eine gütliche Einigung im Streit um den Schadenersatz scheiterte am Mittwoch vor der Amtshaftungskammer am Landgericht München I schon nach kurzer Diskussion. Klinik-Anwalt Ferdinand Kuchler sagte, die Klinik habe von Anfang an versucht, eine solche zu erzielen, aber die Vorschläge seien an der Stadt München "abgeprallt".

"Machen sie ein realistisches Angebot"

Der Anwalt der Stadt, Georg Krafft, bezeichnete die Berechnung des Schadens durch die Klinik als "nicht so ganz belastbar". Zur Diskussion stünde "vielleicht ein Betrag im unteren sechsstelligen Bereich". Auf die Frage, ob damit 100.000 Euro gemeint seien, ging Krafft nicht ein. Über einen Betrag von 100.000 Euro brauche man nicht zu diskutieren, erklärte der Anwalt der Klinik. Hans Rinecker forderte die Gegenseite auf: "Machen sie ein realistisches Angebot." Der Schaden, den sein Haus genommen habe, sei beweisbar.

Wie der Bescheid, den die Klinik von der Stadt im September 2011 erhalten hatte, an die Öffentlichkeit gelangte, sei unklar, sagte der Vorsitzende Richter Frank Tholl. Der Anwalt der Stadt forderte deshalb, die Klage gegen die Stadt abzuweisen. Sie könne nicht für die Berichterstattung der Presse zur Verantwortung gezogen werden. Dagegen betonte der Anwalt der Klinik, dass es für ihn völlig außer Frage stehe, dass sich die Behörden der Stadt die negative "Berichterstattung zurechnen lassen" müssten. Sie hätten genau gewusst, wie die Presse über solche Themen zu berichten pflege. Eine Entscheidung will das Gericht Mitte Januar verkünden.

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