Prozess:Kehrmaschine siegt vor Gericht

  • Ein Autofahrer aus Bad Tölz hat gegen die Stadt München geklagt, weil eine städtische Kehrmaschine seinen Wagen beschädigt haben soll.
  • Bei einer Fahrbahnverengung kam es zum Zusammenstoß, angeblich weil der Fahrer des schweren Reinigungsgeräts nicht das Reißverschluss-System beachtet haben soll.
  • Vor Gericht konnte ein Unfall-Sachverständiger jedoch die Version des Tölzers widerlegen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Müssen die Fahrer von städtischen Kehrmaschinen bei Fahrbahnverengungen auf das Reißverschluss-System Rücksicht nehmen? Ein Autofahrer aus Bad Tölz hat die Stadt München auf rund 3000 Euro Schadensersatz verklagt: Er wirft dem Lenker eines schweren Reinigungsgeräts vor, aus Unachtsamkeit seinen auf der linken Fahrbahn stehenden Saab seitlich gerammt zu haben. Der vom Gericht bestellte Unfall-Sachverständige konnte die Version der Unschuld vom Lande aber gar nicht nachvollziehen. Ganz im Gegenteil: Der Tölzer habe offensichtlich versucht, die Kehrmaschine noch im letzten Augenblick zu überholen.

Niemand zockelt mit seinem Wagen gerne hinter einer langsamen Kehrmaschine her. Das dürfte im August 2013 auch dem Saab-Fahrer in der Plinganserstraße so gegangen sein. Er fuhr in Richtung Harras und musste erkennen, dass sich in Höhe der Hausnummer 60 die bis dahin zweispurige Fahrbahn auf eine Spur verengt.

Vor Gericht pochte der Mann nun auf das Reißverschlussverfahren: An der Engstelle hätte ihn der Lenker der Kehrmaschine einscheren lassen müssen. Da sich der Verkehr gestaut habe, hätte er selbst anhalten müssen, als der orangefarbene MAN-Lkw von hinten kommend sein Auto geschrammt habe.

Wie der Sachverständige den Autofahrer überführte

Der Fahrer von der Stadtreinigung widersprach massiv. Um noch vor der langsamen Kehrmaschine auf die rechte Spur zu gelangen, habe sich der Saab-Fahrer "reinzudrängeln" versucht. Wegen der kriechenden Fahrzeugkolone davor sei ihm das aber nicht mehr gelungen. Mit der schweren Kehrmaschine habe er wegen des parallel verlaufenden Radweges auch nicht nach rechts ausweichen können.

Aussage gegen Aussage. Doch der Sachverständige konnte den Ablauf klar rekonstruieren: Die Beschädigungen auf dem lackierten Blech würden eindeutig zeigen, dass die Schramme von vorne nach hinten verläuft - also nicht von der von hinten kommenden Kehrmaschine verursacht worden sein könne. Das Schadensbild zeige auch klar, dass der Saab beim Zusammenstoß eindeutig das schnellere Fahrzeug gewesen sei, also nicht, wie behauptet, gestanden habe.

Die Richterin der 17. Zivilkammer am Landgericht München I hielt fest, dass der Tölzer noch im Bereich der Fahrbahnverengung überholen wollte. "Es ist daher schon höchst fraglich, ob das vom Kläger bemühte Reißverschlussverfahren hier überhaupt zur Anwendung gelangen kann", sagte sie. Aber selbst wenn man davon ausgehen würde, hätte die rechts fahrende Kehrmaschine Vorfahrt gehabt.

Ohne ausreichend große Lücke hätte der Saab-Lenker keinesfalls einscheren dürfen, sagte sie. Wer die wegfallende Spur befahre, sei allein für einen gefahrlosen Fahrbahnwechsel verantwortlich. Die Klage wurde abgewiesen.

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