Prozess in München:Rassismus-Vorwurf gegen Nachtclub

Afrikaner klagt gegen Nachtclubs

Klagt gegen Nachtclubs: Hamado Dipama (Mitte).

(Foto: dpa)

"Nur mit Reservierung": Vor dem Amtsgericht München hat der Prozess gegen einen Münchner Club begonnen. Hamado Dipama vermutet Rassismus, weil ihm der Eintritt verweigert wurde.

Aus dem Gericht von Anna Fischhaber

Geschlossene Gesellschaft? Hamado Dipama wirft einigen Münchner Clubs vor, ihre Gäste nach deren Herkunft auszuwählen. Vor dem Amtsgericht München hat der Prozess gegen einen der Nachtclubs begonnen. Dipama aus Burkina Faso klagt auf Unterlassung und ein symbolisches Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro, weil er an der Tür abgewiesen wurde. Wegen seiner Hautfarbe, wie er sagt.

Der Zuschauerraum ist bis auf den letzten Platz besetzt. Der Fall hat vor einem Jahr für Aufsehen in München gesorgt. Dipama führte mit Freunden, einige davon aus dem Ausländerbeirat, eine Stichprobe durch. In 20 von 25 Clubs wurde der dunkelhäutige Mann abgewiesen. "Wegen der Hautfarbe abgelehnt zu werden, ist Alltag", erklärte Dipama damals. Nachdem ein Schlichtungsversuch scheiterte, reichte er gegen sechs Clubs Klage ein.

Nun wird der erste Fall verhandelt: Gemeinsam mit einem Freund, ebenfalls dunkelhäutig, sei ihm vom Türsteher eines Clubs auf dem Gelände der Kultfabrik im Münchner Osten der Zugang verweigert - obwohl der Türsteher selbst ein Schwarzer war, erzählt Dipama. Ein deutscher Freund und kurze Zeit später auch zwei Freundinnen seien dagegen ohne Probleme hineingekommen.

Manchmal würden die Leute einfach nicht zum Motto passen

"Wir hoffen, dass die Gerichtsverfahren nun zu einem Schritt in Richtung eines rassismus- und diskriminierungsfreien Münchens führen", hatte Dipama vor dem Prozess gesagt. Richter Ulrich Locher sieht das ein wenig anders: "In diesem Verfahren wird nicht entschieden, ob es Rassismus in dieser Gesellschaft gibt. Denn den gibt es", erklärt er. Auch gehe es nicht darum, ob die Gastronomie-Firma und deren Geschäftsführer, die den Club betreiben, rassistisch seien. "Ich entscheide nur darüber, ob der Türsteher an diesem Abend eine Auswahl nach unzulässigen Kriterien getroffen hat."

Um Rassismus geht es an diesem ersten Prozesstag dann doch: Der Anwalt des Clubbetreibers tut sich schwer mit den richtigen Begrifflichkeiten, immer wieder spricht er von Farbigen und Rassen, immer wieder wird er vom Kläger und dessen Anwältin wegen seiner Wortwahl ermahnt. Eine rassistische Diskriminierung kann er nicht erkennen: "Die Aufgaben eines Türstehers sind so vielfältig", erklärt er. Manchmal passten die Leute einfach nicht zum Motto oder es seien eben schon zu viele Männer drin.

Türsteher dürfen filtern - aber nicht nach Hautfarbe

Dipama bezieht sich bei seiner Klage auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), demnach darf niemandem wegen seiner ethnischen Herkunft die Teilhabe am öffentlichen Leben verwehrt werden. Und dieses Gesetz, das stellt Richter Locher klar, ist auch auf Nachtclubs anwendbar. "Der MVV kann niemanden ausschließen. Eine Discothek zeichnet sich natürlich dadurch aus, dass es einen engeren sozialen Kontakt gibt. Deshalb ist es auch gerechtfertigt, dass der Betreiber einen Filter hat", erklärt er. Aber nach der Hautfarbe dürfe ein Türsteher eben nicht filtern.

Andere deutsche Gerichte hatten das ähnlich gesehen: In Oldenburg hatte 2008 ein Student aus Kamerun einen Prozess gegen eine Disco gewonnen. Ihm wurden damals 500 Euro Entschädigung wegen Diskriminierung zugesprochen. In Bremen hatte 2011 ein Jurastudent geklagt, der sich durch den Türsteher einer Bremer Disko diskriminiert fühlte. Der hatte ihm den Einlass verwehrt: Grund dafür war die Hautfarbe. Das Amtsgericht verhängte damals ein Schmerzensgeld in Höhe von 300 Euro.

"Heute geht nichts"

Ob allerdings auch Dipama wegen seiner Hautfarbe abgewiesen wurde, kann an diesem ersten Prozesstag nicht geklärt werden. Der Türsteher habe gesagt, man komme nur mit Reservierung rein, erzählt der Kläger. "Heute geht nichts. Geschlossene Gesellschaft, nur mit Reservierung, hat er gesagt." Sein Freund, der als Zeuge befragt wird, kann sich dagegen nicht an den genauen Wortlaut erinnern. Sicher sind sich beide nur, wie geschockt sie waren, dass ausgerechnet ein schwarzer Türsteher sie abgelehnt habe. Als sie ihn nach dem Grund fragten, sagte dieser, er habe Anweisungen von oben.

Der Türsteher selbst kann an diesem Tag nicht befragt werden. Stattdessen wird der Chef der Sicherheitsfirma in den Zeugenstand gerufen, der sich aber sicher ist, dass an diesem Abend kein Schwarzer als Türsteher vor dem Club eingeteilt war. Er weise seine Leute nur an, darauf zu achten, dass die Gäste nicht zu stark alkoholisiert und minderjährig seien. Und dass sie saubere Kleidung tragen. "Anweisungen im rassistischen Bereich gibt es nicht", sagt er.

Der Richter will den Prozessbeteiligten nun binnen einer Woche schriftlich darlegen, wie das Verfahren weitergehen soll. Er stellt klar: "Herr Dipama war nicht alkoholisiert, nicht aggressiv und der Club war nicht voll." Dass er in 20 Clubs nicht reingekommen sei, spreche für Rassismus, allerdings werde hier der Einzelfall verhandelt. Und bei dem steht bislang Aussage gegen Aussage.

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