Prozess in München:Krankenpfleger missbraucht Patientin und muss in Haft

  • Ein 59-Jähriger hat Ende Dezember 2016 eine Patientin im Klinikum rechts der Isar betäubt und missbraucht.
  • Das Landgericht München verurteilte ihn zu sieben Jahren Haft. Zudem wurde ein fünfjähriges Berufsverbot verhängt.
  • Das Opfer leidet bis heute psychisch unter den Folgen der Tat.

Von Andreas Salch

Bei seinen Kollegen war der Pfleger Can T. beliebt, und auch bei den Patienten der Neurologischen Station im Klinikum rechts der Isar. In Briefen an den 59-Jährigen zollten sie ihm nach ihrer Entlassung "ein dickes Lob", würdigten ihn als "besonders menschlich und wohltuend" und "stets korrekt und liebevoll". Am Freitag aber verurteilte die 10. Strafkammer am Landgericht München I, Can T. wegen eines besonders schweren sexuellen Übergriffs an einer Patientin zu sieben Jahren Haft. Zudem verhängte die Kammer ein fünfjähriges Berufsverbot.

Can T. hatte die Tat bis zuletzt bestritten. Seine Verteidiger, Rechtsanwältin Eva Maria Krötz und Vincent Burgert forderten einen Freispruch. Sie wiesen darauf hin, dass die Patientin zur Tatzeit ein Psychopharmakon genommen habe, das Wahnvorstellungen auslösen könne. Staatsanwältin Elke Bönisch forderte eine Verurteilung wegen besonders schwerer Vergewaltigung zu neun Jahren Haft.

Dass Can T. sein Opfer, die 53-jährige Alessia M. (Name von der Redaktion geändert) vergewaltigt habe, stand für das Gericht jedoch nicht fest. Dies lasse sich "zumindest nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachweisen", sagte die Vorsitzende, Richterin Judith Engel, bei der Urteilsbegründung. Alessia M. hatte sich Ende Dezember 2016 im Klinikum rechts der Isar zunächst wegen Kopfschmerzen behandeln lassen.

In der Nacht auf den 30. Dezember hatte Can T. ihr ohne einen Grund innerhalb von nur einer halben Stunde zwei Infusionen mit dem Schlaf- und Beruhigungsmittel Midazolam verabreicht. Anschließend war er mit Alessia M. unter einem Vorwand in eine Toilette auf den Flur der Station gegangen, wo er sie laut Urteil missbrauchte. Kurz zuvor hatte die 53-Jährige das Bewusstsein verloren und war in einen "komatösen Schlaf" gefallen. Als sie am nächsten Morgen erwachte, bemerkte sie Sperma auf ihrem Körper.

Die Kriminalpolizei wurde verständigt. Doch sie sicherte keine Spuren, da sie keinerlei Veranlassung dazu sah. Eine Rechtsmedizinerin, die Alessia M. untersuchte, konnte in ihrem Intimbereich nur einen Zellkern sicherstellen. Ob es sich um Sperma handelte, ließ sich nicht mehr feststellen. Wenn es zum Geschlechtsverkehr gekommen wäre, so die Forensikern, hätte sie mehr Sperma finden müssen. Richterin Judith Engel sagte, die Kammer sei dennoch davon überzeugt, dass der Angeklagte die Tat begangen habe.

Die Spurenlage sowie die glaubhafte Aussage des Opfers "sind so gravierende Beweise, dass es keine vernünftigen Zweifel" an einem sexuellen Übergriff durch den Angeklagten gebe, erklärte sie. Alessia M. leidet bis heute psychisch unter den Folgen der Tat. Ihre Mandantin, so Rechtsanwältin Antje Brandes, habe sich "vertrauensvoll" in die Klinik begeben. "Sie hätte nicht gedacht, dass dort der Teufel unterwegs ist."

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