Süddeutsche Zeitung

Prozess:Ausraster nach dem Wiesnbesuch

Zwei Oktoberfest-Besucher haben im vergangenen Jahr eine Gruppe homosexueller Männer beleidigt und geschlagen. Angeblich waren sie zu betrunken, um sich an die Tat zu erinnern. Damit kamen sie vor Gericht nicht durch.

Von Andreas Salch

Zwei Wiesn-Besucher, die im vergangenen Jahr eine Gruppe homosexueller junger Männer beleidigten und mit Faustschlägen traktierten, sind vor dem Amtsgericht München zu hohen Geldstrafen verurteilt worden. Unter anderem sagten die aus Mittelfranken stammenden Angeklagten zu der Gruppe: "Drecksschwuchteln, ihr gehört vergast. Früher wärt ihr ins KZ gekommen." Die Staatsanwaltschaft hatte deshalb auch Anklage wegen Volksverhetzung erhoben.

Der Vorfall ereignete sich in den frühen Morgenstunden des 3. Oktober, kurz vor 1 Uhr in einer Tram in der Bayerstraße. Die Angeklagten, ein 26-jähriger Konstrukteur aus Merkendorf und ein 25-jähriger Freund, ein Angestellter aus Ansbach, kamen von der Wiesn. Nachdem sie in die Tram Richtung Hauptbahnhof eingestiegen waren, sahen sie, wie sich zwei der Homosexuellen küssten. Daraufhin begannen sie sofort die fünf aus München stammenden Männer aufs Übelste zu beschimpfen.

Faustschlag auf die Nase

Um die Situation nicht eskalieren zu lassen, stieg die Gruppe am Hauptbahnhof aus. Die Angeklagten folgten ihnen und riefen ihnen nach, sie seien "abartig" und: "So etwas wollen wir in unserem Land nicht." Außer den Opfern hatten dies auch mehrere Zeugen gehört. Der jüngere der beiden Angeklagten packte einen 22-Jährigen aus der Gruppe am Pullover und schlug ihm unvermittelt mit der Faust auf die Nase. Als ein Freund des Opfers dazwischen ging, versetzte der 25-Jährige ihm ebenfalls einen Faustschlag auf die Nase. Das Opfer alarmierte Beamte der Bundespolizei, die vor dem Hauptbahnhof standen. Sie nahmen die Angeklagten vorläufig fest.

Vor dem Amtsgericht beteuerten die Täter, sie gehörten nicht der rechten Szene an. Der 26-jährige Konstrukteur aus Merkendorf sagte, er gehe regelmäßig zu einem Friseur, der homosexuell sei. Er verstehe sich gut mit dem Mann. Der Angestellte aus Ansbach gab an, sein älterer Bruder sei schwul und mit einem Mann verheiratet. Er habe nichts gegen Homosexuelle, so der 25-Jährige.

An die Tat könnten sie sich nicht mehr erinnern, behaupteten die Angeklagten. Sie seien zu betrunken gewesen. Ein Sachverständiger für Rechtsmedizin schloss dies aber angesichts der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit aus. Wegen Volksverhetzung, Beleidigung sowie vorsätzlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung verurteilte das Gericht den Angestellten aus Ansbach zu 7000 Euro, den Konstrukteur zu 6600 Euro Geldstrafe.

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SZ vom 05.09.2014/amm
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