Prozess gegen U-Bahn-Schläger:Spur der Gewalt

Nicht die Videoaufzeichnung, sondern ein früheres Opfer führte die Polizei auf die Fährte von Serkan A. und Spyridon L.

Susi Wimmer

Die Geschichte lief bei der Polizei als gefährliche Körperverletzung an, "keine Lebensgefahr beim Opfer". An jenem 20. Dezember rückten die Beamten des Kriminaldauerdienstes kurz nach 22 Uhr aus, um einen Fall aufzunehmen, der deutschlandweit für Schlagzeilen sorgen würde: Den brutale Angriff auf Hubert N. im U-Bahnhof Arabellapark. Kurz nach der Tat sichteten die Kriminaler das Videomaterial, erschraken und griffen zum Telefon, um kurz nach Mitternacht die Münchner Mordkommission einzuschalten.

Prozess gegen U-Bahn-Schläger: Kameras am U-Bahnhof hielten die Gewaltszene fest.

Kameras am U-Bahnhof hielten die Gewaltszene fest.

(Foto: Foto: Robert Haas)

Die Videosequenzen, in denen die brutalen Schläge und Tritte gegen den Pensionär zu sehen sind, gingen durch alle Medien. Die Bilder sorgten für Entsetzen, doch für die Fahndung brachten sie rein gar nichts: Nach der Ausstrahlung ging kein einziger Hinweis auf die Täter ein. Bis heute hat sich kein Fahrgast mit einer verwertbaren Aussage gemeldet, der an dem fraglichen Abend in der U-Bahn saß oder zeitnah zu dem Überfall durch das Sperrengeschoss am Arabellapark ging. Das Glück der Ermittler war, dass die beiden Täter vor der Tat an diesem Tag schon ihre Spuren hinterlassen hatten.

Serkan A. und Spyridon L. ziehen an jenem Donnerstag durch die Münchner Innenstadt. In einem Laden für Wasserpfeifen lernen sie einen Jugendlichen aus Göttingen kennen. Was sie verbindet, ist vermutlich der Drogenkonsum. Zu dritt gehen sie weiter, vom Tal zum Stachus, kehren in einer griechischen Gaststätte ein, trinken. Spyridon L. leiht sich mehrfach das Handy des Göttingers aus. Am Max-Weber-Platz dann telefoniert Spyridon L. wieder mit einem Bekannten und fängt an, auf den Göttinger einzutreten. Zu seinem Gesprächspartner sagt er: "Jetzt wirst du Zeuge, wie ich einen Deutschen umbringe." Der Göttinger flüchtet in Richtung U-Bahn und alarmiert die Polizei. Dann steigen Serkan A. und Spyridon L. in die Bahn, Richtung Arabellapark.

"Kaltschnäuzig und wurstig"

Als nach dem Angriff auf den Rentner Hubert N. die Fahndung läuft, erinnert sich ein Beamter des Kriminaldauerdienstes an die Anzeige des Göttingers. Der Bestohlene ist mittlerweile in Göttingen, die Polizei überspielt ihm das Video vom Arabellapark, der junge Mann erkennt in den Schlägern auch die Diebe seines Handys. Er reist zurück nach München, rekonstruiert mit Polizisten die Zechtour. In einer Gaststätte erinnert man sich an einen "Serkan". Alle "Serkans" in München werden überprüft, die Beamten werten die Handydaten des Göttingers aus und stoßen auf die Bekannten von Spyridon L. Beamte des Sondereinsatzkommandos und Zivilfahnder verhaften am Sonntag die mutmaßlichen Täter.

In ihrer ersten Vernehmung, Spyridon sitzt mit gebrochenem Kiefer aus einer anderen Schlägerei da, geben sich beide "kaltschnäuzig und wurstig", so ein Ermittler. Wie es dem Opfer gehe, habe sie nicht interessiert. Serkan A. habe sich leid getan, weil ihn nach den Tritten auf das Opfer der Fuß schmerzte.

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