Prozess gegen U-Bahn-Schläger:"Da wusste ich, die schlagen mich tot"

Das Video des Überfalls läuft in Zeitlupe: Das Opfer der U-Bahn-Schläger ist am zweiten Prozesstag sichtlich aufgeregt, als er die Todesangst beim Überfall schildert.

Das Opfer des U-Bahn-Überfalls von München hat am zweiten Prozesstag den Abend beschrieben. Die beiden Angeklagten hätten ihn "sportlich ins Gesicht getreten" und in den Unterleib. "Da wusste ich, die schlagen mich tot. Warum eigentlich?", sagte der 76-jährige Hubert N. am Dienstag vor dem Landgericht München.

Prozess gegen U-Bahnschläger

Prozess gegen U-Bahn-Schläger: Das Opfer sagte vor Gericht aus.

(Foto: Foto: AP)

Als die Angeklagten ihn um Entschuldigung baten, sagte er nur: "Ich hab's gehört. Wo ist mein Fotoapparat?" Er meinte, wenn es ihnen wirklich ernst wäre, würden sie ihm wenigstens seine gestohlene Kamera und sein Notizbuch zurückgegeben.

Der 21-jährige Serkan A. und der 18-jährige Spyridon L. sind wegen versuchten Mordes angeklagt. Beide haben den Überfall gestanden, aber eine Tötungsabsicht bestritten. Der Rentner sah die Täter zum ersten Mal seit der Tat wieder und war zu Beginn seiner Aussage sichtlich aufgeregt. Die Angeklagten verfolgten sowohl seine Aussage als auch das Video einer Überwachungskamera, das den Überfall zeigte, ohne erkennbare Gefühlsregung.

Der frühere Schulrektor Hubert N. sagte, auf dem Rückweg von einer Weihnachtsfeier sei er in eine U-Bahn gestiegen, wo sich die beiden jungen Männer neben ihn gesetzt, geraucht und in seine Richtung gepafft hätten.

Als er ihnen sagte: "In der U-Bahn wird nicht geraucht", hätten beide ihn mit den Worten "deutsches Arschloch, Scheiß Deutscher" beschimpft und ihm ins Gesicht gespuckt.

Darauf habe er sich zwei Reihen weiter nach vorn gesetzt. Später im U-Bahnhof habe er plötzlich einen Schlag von hinten bekommen und sei zu Boden gestürzt. "Dann haben die meinen Kopf als Fußball behandelt und schön darauf herumgetrampelt." Er sei immer wieder "weg gewesen" und "wurde dann wieder wach durch einen furchtbaren Schmerz".

Der 76-Jährige hatte einen dreifachen Schädelbruch und eine lebensgefährliche Hirnblutung erlitten. Noch heute leide er unter Schwindel, sagte der Zeuge. Die beiden Entschuldigungsbriefe der Täter seien nur "leere Floskeln."

Beide seien am Tatabend vier Tage vor Weihnachten offensichtlich angetrunken, aber keineswegs "besoffen" gewesen. "Die waren sportlich beieinander, muss ich schon loben", sagte der ehemalige Lehrer.

Auch ein Kommissar äußerte als Zeuge Zweifel an der angebliche Volltrunkenheit der Täter und verwies auf ihre geschmeidigen Bewegungen im Video. Die Angeklagten hatten ihre Tat mit einem Alkoholexzess erklärt: Sie seien "total dicht" gewesen.

Serkan A. hatte zudem erklärt, der Rentner habe sie ausländerfeindlich beleidigt. Beim Aussteigen aus der U-Bahn habe er gesagt: "Ihr seid das Volk, das hier Probleme macht." Das Opfer bestritt das entscheiden: "Nein, wir haben überhaupt nicht mehr miteinander geredet", sagte er. "Ich habe sie nicht mehr gesehen. Ich wollte nach Hause." Spyridon L. sagte aus, er habe keinen solchen Spruch gehört. Serkan A. hatte seine frühere Aussage, der Rentner habe sie "Scheißkanaken" genannt, widerrufen.

Die Jugendkammer ließ am Dienstag das Video des Überfalls in Zeitlupe vorführen. Es zeigt, wie die Angreifer den Mann von hinten niederschlugen, auf ihn eintraten und wie Spyridon L. ihm schließlich mit mehreren Metern Anlauf gegen den Kopf trat. Serkan A. will seinem Freund noch zugerufen haben: "Hör auf, der stirbt doch!", zitierte der Kommissar aus einer Polizeivernehmung.

Ein Handyraub unmittelbar vor dem Überfall habe die Polizei auf die Spur der beiden Täter geführt. Die Beschreibung der Handyräuber und der Schläger habe auf einen Zusammenhang hingedeutet. Bei der Überprüfung der Telefonate sei die Polizei auf Bekannte von Serkan A. gestoßen, und der habe Spyridon als Mittäter genannt.

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