Sieben Millionen auf die Hand und dazu 500 000 Euro Monatsgehalt. Alles netto natürlich. Ein Raunen geht durch die Zuschauerreihen, als am Mittwoch im Oberlandesgericht verlesen wird, was der Fußballspieler Luca Toni beim FC Bayern München in den Jahren 2007 bis 2010 verdient hat. Da ist es kein Wunder, dass die Kirche inzwischen knapp 1,7 Millionen Euro Steuern von dem römisch-katholischen Italiener verlangt.
Der aber macht seine damaligen Steuerberater verantwortlich: Die hätten ihn nicht über die deutsche Kirchensteuer aufgeklärt - deshalb will Toni das Geld von ihnen einklagen. Doch bei der mündlichen Verhandlung vor dem 15. Zivilsenat rutscht unversehens der FC Bayern in den Mittelpunkt. "Der ist nämlich der große Nutznießer", sagt der Vorsitzende Richter Hans-Werner Wolf.
Tatsächlich hatte Luca Toni mit den Bayern einen Spielervertrag, der für den einstigen Bundesliga-Torschützenkönig Nettovergütungen vorsah - er musste sich also weder um Steuern noch um Sozialabgaben kümmern. Alles Sache des Vereins. Deshalb kann man schon auf die Idee kommen, wie das Gericht durchblicken lässt, dass die Kirchensteuer dem damaligen Vereinsmanager Uli Hoeneß ein Dorn im Auge gewesen sein könnte.
Jedenfalls drückt der Senat deutlich seine Verwunderung aus, wie das damals mit Tonis Wohnsitzanmeldung abgelaufen sein soll: Eine Sekretärin soll den Spieler vom Training in die Geschäftsstelle hochgerufen haben, um das Formular auszufüllen. Als es um die Angabe der Religionszugehörigkeit ging, soll sie Luca Toni gefragt haben, ob er demnächst heiraten wolle. Der Italiener verneinte das. Dann spiele die Religion keine Rolle, soll die Sekretärin daraufhin gesagt haben - und machte an der fraglichen Stelle einen Strich.
Richter schlägt einen Kompromiss vor
Dieser Strich war für den FC Bayern gute eineinhalb Millionen Euro wert. Vermutlich hätte auch nie ein Hahn danach gekräht, wenn nicht im Steuerberaterbüro später eher irrtümlich ein Formular mit dem Kürzel "r.-k." versehen worden wäre, für römisch-katholisch. "Dann säßen wir heute nicht hier", sagt der Vorsitzende am Mittwoch. Schon mit dem Strich der Sekretärin sei die "Kausalkette in Gang gesetzt worden". Diese Unwahrheit habe außerdem zu einer falschen Bruttogehaltsberechnung geführt - "da kommt das Finanzamt noch auf den Verein zu", vermutet Wolf.
Bevor der Senat aber in die komplizierte Prüfung einsteigt, wer wann welche Pflichten gegenüber Luca Toni gehabt habe und ob den womöglich ein Mitverschulden treffe, schlägt das Gericht einen Kompromiss vor: Die beklagten Steuerberater und der FC Bayern sollen je 500 000 Euro bezahlen, den Rest müsse der Spieler tragen. Der Verein solle an seinen guten Ruf denken, mahnt der Vorsitzende mit Fingerzeig auf die Reporterbank.
Bayern-Anwalt Georg Jaeger reagiert säuerlich: Das Gericht solle nicht mit der Presse drohen. Im Übrigen verweist er auf einen Aufhebungsvertrag ("Termination Agreement"), in dem Toni nach seinem Ausscheiden den Verein von allen Forderungen freistellt. Jaeger versichert später aber, dass der Vorstand den Vorschlag diskutieren werde. Tonis Anwalt Berthold Gaede spricht sich daraufhin für eine Vertagung aus, "weil ohne den Vorstand nichts zustande kommt".
Luca Toni, der sich die Verhandlung dolmetschen lässt, bedauert, dass er noch nichts sagen konnte. Dazu bekommt er am 15. Juli Gelegenheit, wenn der Prozess fortgesetzt wird. Dann aber mit einem neuen Vorsitzenden, weil Wolf mit diesem prominenten Fall seine letzte Verhandlung vor dem Ruhestand hatte.