Prozess gegen Kreuzfahrtgesellschaft:Bettwanzen an Bord

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Bettwanzen in der Kajüte: Eine Familie zog sich auf einem Kreuzfahrtschifft blutige Pusteln am ganzen Körper zu. Nun fordert sie vor Gericht Schadensersatz. (Foto: dpa-tmn)

Juckreiz statt Urlaubsspaß: Weil eine Familie auf einem Kreuzfahrtschiff statt der erhofften Erholung blutige Pusteln am ganzen Körper davontrug, fordert sie nun Schmerzensgeld vor Gericht. Doch der Anwalt des Unternehmens lehnt bislang ab: Hier habe niemand Todesangst erleiden müssen - so wie auf der gekenterten Costa Concordia.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Mit solchen blinden Passagieren an Bord eines Kreuzfahrtschiffes hatten die Reisenden wohl nicht gerechnet: bluthungrige Bettwanzen. Vor dem Landgericht München I schilderten nun die betroffenen Passagiere, Eheleute aus Nordrhein-Westfalen, ihre Erlebnisse bei der Mittelmeerkreuzfahrt auf der MSC Melody. Sie streiten mit dem Münchner Veranstalter um Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Der Immobilienkaufmann und die Lehrerin hatten im Oktober 2010 zusammen mit ihren beiden Kindern auf dem sogenannten Oceanic-Deck eine Außenkabine gebucht. Der Vater bezog die Koje direkt unter dem Bullauge. Schon nach wenigen Tagen wunderte er sich über juckende Pusteln. Zunächst glaubten er und seine Frau, dass es Mückenstiche sein könnten, die man sich bei den Landausflügen eingefangen habe. Denn auch sie entdeckte an sich bald solche Flecken.

Für den Mann wurden die Nächte dann fast unerträglich: Er konnte vor Juckreiz kaum noch schlafen. Seine Knie waren dick angeschwollen. Da zudem der Oberkörper hinab bis in den Gesäß- und Genitalbereich von blutigen Pusteln übersät war, ging er zum Bordarzt. Der zeigte sich nach der Schilderung des Passagiers eher wortkarg, applizierte eine Spritze und gab seinem Patienten eine Salbe und Tabletten.

Auf die Ursache seiner Pein kam der Kreuzfahrer dann selbst, als er das Bett und die Vorhänge vor dem Bullauge untersuchte: Hunderte und Tausende Bettwanzen habe er entdeckt, die sich zu großen Klumpen geballt hätten. Man informierte sofort das Bordpersonal. Der Chefsteward sei dann gekommen, habe sich erschreckt gezeigt und der Familie eine andere Kabine zugewiesen. Nach den Schilderungen vor Gericht soll diese zwar technisch einwandwandfrei, aber recht verwohnt gewesen sein - auch sehr laut, da in der Nähe der Maschine.

Der klagende Familienvater fordert von der Kreuzfahrtgesellschaft nun 8293 Euro. Er möchte den Reisepreis von rund 3500 Euro erstattet bekommen sowie seine Auslagen und dazu ein Schmerzensgeld. Einen der Koffer beispielsweise habe er schon unterwegs entsorgen müssen, um keine Bettwanzen bei sich zu Hause einzuschleppen. Kleidungsstücke hätten ebenso wie die übrigen Gepäckstücke aufwendig entseucht werden müssen. Auf dem Schiff habe man ihnen solch eine Desinfektion verweigert. Dazu macht der Familienvater die Kosten der ärztlichen Behandlung daheim geltend - mehrere Wochen habe er noch unter den Wanzenstichen sehr zu leiden gehabt.

Dem Einzelrichter der 3. Zivilkammer präsentierte der Mann nicht nur Fotos von den Wanzenklumpen, sondern auch einige Exemplare in Probe-Parfümfläschen. Der Richter machte dem Anwalt von MSC Kreuzfahrten deutlich, dass er eine Minderung des Reisepreises um 40 bis 60 Prozent für die ganze Familie für angemessen halte, plus Schadensersatz für die Reinigung der Kleidung, aber auch Schmerzensgeld. Er schlug vor, den Streit durch Zahlung von 3500 Euro gütlich beizulegen.

Das lehnte der Anwalt des Unternehmens jedoch ab: Den Veranstalter der Kreuzfahrt treffe kein Verschulden. Auch das Personal habe sich völlig korrekt verhalten. Hier habe doch niemand Todesangst erleiden müssen - so wie etwa die Passagiere der gekenterten Costa Concordia. Da der Vergleichsversuch gescheitert ist, soll Anfang April das Urteil verkündet werden.

© SZ vom 02.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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