Prozess gegen Islamfeind Stürzenberger:Hetzen mit Himmler

Michael Stürzenberger Moschee Islam

Michael Stürzenberger, Chef des Landesverbandes Bayern von "Die Freiheit".

(Foto: Catherina Hess)

Der Islamfeind Michael Stürzenberger soll ein Foto von SS-Reichsführer Himmler öffentlich gezeigt haben - und muss sich dafür vor Gericht verantworten. Der Vorsitzende der Partei "Die Freiheit" in Bayern bestreitet die Tat nicht, will aber im Geiste der "Weißen Rose" gehandelt haben.

Von Bernd Kastner

Der Islamfeind Michael Stürzenberger muss sich vor Gericht verantworten, weil er Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet haben soll. Das wirft die Staatsanwaltschaft dem Vorsitzenden des Landesverbands der Partei "Die Freiheit" vor, die der Verfassungsschutz als extremistisch bewertet.

Eine Gruppe von Islamgegnern zeigte zunächst in einer Gaststätte und später auf dem Marienplatz ein großes Bild von Heinrich Himmler, dem Reichsführer SS und Organisator des Holocaust. Er trägt auf dem Foto eine Uniform mit Hakenkreuz und SS-Totenkopf, Symbole der NS-Gewaltherrschaft. Daneben stand auf dem Plakat ein Himmler-Zitat: "Der Islam ist unserer Weltanschauung sehr ähnlich."

Der Sachverhalt an sich ist unstrittig: An einem Donnerstagnachmittag im September 2011 hat der Verein "Pax Europa Bewegung" auf dem Marienplatz eine Kundgebung mit etwa 15 Teilnehmern abgehalten. Der Verein gehört wie die "Freiheit" und der Internet-Blog Politically Incorrect (PI) zur Szene der Islamgegner, Stürzenberger wirkt in allen drei Gruppierungen maßgeblich mit.

Zur Vorbereitung der Kundgebung trafen sich die Aktivisten in einer Gaststätte in Gern. Sie wurden an jenem Tag von einem Fernsehteam des Rundfunks Berlin-Brandenburg begleitet, deshalb das Treffen im Wirtshaus, so Stürzenberger. Bereits dort, in einem Nebenraum, stellten die Islamgegner das Himmler-Plakat auf.

Man habe über dessen Verwendung diskutiert und sich dann entschieden, es auf dem Marienplatz zu zeigen, berichtete Stürzenberger. Vor dem Rathaus beobachteten Polizisten dies und reagierten sofort: Bereits nach wenigen Sekunden forderten sie den Aktivisten, der das Plakat hielt, auf, es wegzulegen, was dieser auch tat.

Hitzige Verhandlung

Vor dem Amtsgericht ging es vor allem um die juristische Bewertung: Darf man das Bild einer Nazi-Größe in der Öffentlichkeit zeigen? Und waren die NS-Kennzeichen auf seiner Uniform für Passanten zu erkennen? Wie scharf oder unscharf war das Foto? Himmler ist darauf "in ikonenhafter Pose" zu sehen, so die Staatsanwaltschaft. Während höchstrichterlich geklärt ist, dass man etwa ein Hitler-Foto nicht in der Öffentlichkeit zeigen darf, ist dies bei Himmler noch nicht endgültig entschieden. Vier Anti-Islam-Aktivisten sollten laut Strafbefehl eine Strafe von 50 Tagessätzen zu 40 Euro zahlen. Weil sie das nicht akzeptierten, kam es zur Verhandlung, die Stürzenberger im Vorfeld als "Schauprozess" bezeichnete.

Die Verhandlung begann hitzig. Als einer der drei Angeklagten (der vierte war krank) ins Publikum fotografierte, protestierte ein Journalist. Der wurde daraufhin von einem Zuschauer aus dem Lager der Islamgegner als "stadtbekannter Wichtigtuer" und als "unsympathisch wie die Sau" tituliert. Der Richter forderte den Angeklagten und den Journalisten auf, ihre Aufnahmen zu löschen.

Stürzenberger präsentierte sich als Widerständler: "Ich bin hier als Mitglied der wiedergegründeten Weißen Rose", sagte er zu Beginn. Diese Gruppe habe er mit der letzten Überlebenden der Widerstandsgruppe um Sophie Scholl gegründet. Sein Ziel sei, über die Gefahren des Islam aufzuklären, den er als "totalitäre Ideologie" bezeichnet, wie es auch der Nationalsozialismus war.

Demonstrativ präsentierte Stürzenberger dem Richter und dem Publikum ein Foto, das ihn mit der Scholl-Freundin zeigt. Seine Eingangsrede, die einem Plädoyer glich, hielt Stürzenberger im Stehen, redete und gestikulierte ähnlich seinen Auftritten in der Fußgängerzone. Dort sammelt er seit Monaten Unterschriften gegen das Moschee-Projekt Ziem des Penzberger Imam Benjamin Idriz. Diesen rückte Stürzenberger erneut in die Nähe von Verfassungsfeinden, obwohl er inzwischen selbst vom Verfassungsschutz beobachtet und als verfassungsfeindlich eingestuft wird.

Amtsrichter Rolf-Dieter Madlindl ließ Stürzenberger gewähren. Dabei musste der (sitzende) Richter zwangsläufig zum stehenden Angeklagten aufschauen. Der argumentierte phasenweise so, als wolle er nicht nur das Publikum, sondern auch den Richter von seiner Anschauung überzeugen. Er verteidigte das Verwenden des Himmler-Fotos mit dem Argument, dass er damit einen "Schockeffekt" beim Betrachter habe auslösen und auf die Parallelen zwischen Islam und Nationalsozialismus hinweisen wollen. Als die Polizei dies beanstandet habe, habe man das Poster sofort verräumt. Der erste Verhandlungstag ließ keine Tendenz des Richters erkennen. Der Prozess wird fortgesetzt.

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