Süddeutsche Zeitung

Prozess gegen demente Seniorin:Kissen-Attacke auf Bettnachbarin

Lesezeit: 1 min

Der Pfleger kam gerade noch rechtzeitig: Eine 79-Jährige soll in einem Münchner Seniorenheim ihrer Mitbewohnerin ein Kissen aufs Gesicht gedrückt haben, um sie zu töten. Nun steht die Frau wegen versuchten Totschlags vor Gericht.

Von Christian Rost

Die Münchner Staatsanwaltschaft hält die 79-Jährige für gemeingefährlich und will die Frau auf unbestimmte Zeit in einer psychiatrischen Klinik unterbringen lassen. Sie soll am 17. Oktober 2013 in einem Seniorenheim am Ostbahnhof ihrer 80 Jahre alten Mitbewohnerin ein Kissen aufs Gesicht gedrückt haben, um sie zu töten. Der Fall von versuchtem Totschlag wird seit Dienstag am Landgericht München I verhandelt, wobei die Angeklagte wegen schwerer Demenz nicht schuldfähig ist.

Das Gericht unter Vorsitz von Norbert Riedmann schloss die Öffentlichkeit auf Antrag der Verteidigung gleich zu Prozessbeginn aus. In dem Verfahren würden auch intime Details über die Angeklagte erörtert, begründete Riedmann die Entscheidung der 2. Strafkammer.

"Ich bringe sie um. Ihr schaut immer nur auf sie"

Die beiden Frauen bewohnten gemeinsam ein Zimmer im Seniorenheim der Arbeiterwohlfahrt in der Gravelottestraße, dort werden etwa 120 pflegebedürftige Senioren betreut. Laut Staatsanwaltschaft nahm die Angeklagte am Tattag gegen 17.50 Uhr ein Kissen an sich, rollte mit ihrem Rollstuhl ans Bett ihrer weitgehend bewegungsunfähigen Nachbarin und drückte ihr das Kissen mit beiden Händen auf das Gesicht. Das Opfer konnte sich aus eigener Kraft nicht dagegen wehren.

Während die mutmaßliche Täterin weiter das Kissen aufs Gesicht gedrückt hielt, kam zufällig ein Pfleger ins Zimmer. Er nahm der Angeklagten das Kissen sofort weg. Die 80-Jährige konnte wieder atmen. Auf die Frage, was sie da mache, sagte die 79-Jährige: "Ich bringe sie um. Ihr schaut immer nur auf sie." Der Pfleger brachte die Frau schließlich in ihr Bett. Als er wenig später erneut nach ihr sah, saß sie aufrecht im Bett und versuchte, sich mit dem Kabel des Notrufes zu strangulieren. Nun verständigte der Pfleger die Polizei. Die 78-Jährige ließ sich freiwillig in eine psychiatrische Klinik einweisen, wo sie seither vorläufig untergebracht ist.

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Quelle:
SZ vom 05.11.2014
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