Süddeutsche Zeitung

Prozess gegen Ärztin:Botox-Flatrate zum Schleuderpreis

Faltenfreiheit zu Billigpreisen: Das hielt eine Münchner Ärztin für eine gute Geschäftsidee. Weil sie mit Flatrate-Gutscheinen Patienten angelockt und damit gegen die ärztliche Berufsordnung verstoßen hat, musste sie sich jetzt vor Gericht verantworten.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

"Ich bin ja auch Unternehmerin." So versuchte eine Münchner Ärztin zu erklären, warum sie mit günstigen Flatrate-Angeboten Patienten anlocken wollte. Doch vor Gericht gab sie sich schon bald reumütig: "Ich werde es nie mehr machen." Auf diese Weise kam sie mit einer ziemlich preisgünstigen Abmahnung davon.

Im August 2012 hatte die Medizinerin bei dem Rabatt-Portal "Groupon" im Internet geworben: Gutscheine für Botox-Behandlungen zu einem Pauschalpreis von 99 Euro. Nach der ärztlichen Berufsordnung darf ein Arzt aber die amtliche Gebührenordnung nicht unterschreiten.

Die Bayerische Ärztekammer mahnte die Münchnerin daher wegen eines Wettbewerbsverstoßes ab. Die Medizinerin unterzeichnete die strafbewehrte Unterlassungserklärung, die angedrohte Vertragsstrafe, falls sie erneut dagegen verstoßen sollte, belief sich auf 5500 Euro.

Den Geschäftssinn der Ärztin beeinträchtigte das aber nicht. Im Juli 2013 warb sie wieder bei "Groupon" mit einem Rabatt-Gutscheinangebot, diesmal für Hyaluron-Injektionen zu einem Pauschalpreis von 119,90 Euro. Jetzt war die Verbraucherzentrale mit ihrer Abmahnung schneller als die Ärzteorganisation.

Auch hier musste die Ärztin nachgeben und ebenfalls eine Unterlassungserklärung abgeben. Als unmittelbar darauf auch die Ärztekammer in derselben Sachen ebenfalls abmahnte, stellte sich die Ärztin aber quer. Eine Abmahnung reiche, meinte sie und klagte gegen die Standesorganisation.

"Wenn die Sache bereits erledigt ist, muss die Ärztekammer nicht noch einmal ins selbe Horn stoßen", meinte sie nun vor dem Landgericht München I. Doch die stellte sich auf den Standpunkt, dass die gegenüber der Verbraucherzentrale abgegebene Unterlassungserklärung im konkreten Fall nicht die Wiederholungsgefahr beseitigt habe. Der Zweitverstoß mache vielmehr eine erheblich höhere Vertragsstrafe notwendig: nämlich jetzt 11 000 Euro.

Die 37. Zivilkammer machte der Ärztin deutlich, dass es tatsächlich nicht nur um Wettbewerbsrecht gehe, sondern auch um einen Verstoß gegen die ärztliche Berufsordnung und damit der Unterlassungsanspruch der Ärztekammer weiter bestehe: Flatrate-Gutscheine seien keine standesgemäße Werbung. Deshalb half der Ärztin auch ihr Hinweis nicht, dass Hyaluron doch im Gegensatz zu Botox nicht nur von Ärzten, sondern sogar von Kosmetikern unterspritzt werden dürfe.

Die Ärztin ruderte nun zurück und zeigte sich zerknirscht: "Ich sehe das ein und werde es nicht mehr machen", versprach sie in der Verhandlung. Daraufhin zeigten sich auch die Vertreter der Ärztekammer konziliant: "Wenn sie die Unterlassungserklärung unterschreibt und die Hälfte der ursprünglichen Vertragsstrafe bezahlt, ist das für uns erledigt." Die Ärztin willigte sofort ein. Wenn sie künftig wieder vermeintlich gute Geschäftsideen habe, solle sie ihn doch besser vorher anrufen, bot der Justiziar der Ärztekammer zum Abschied an.

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SZ vom 15.02.2014/amm
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