Prozess:Freundin verbrüht - 32-Jähriger gesteht Tat vor Gericht

  • Der 32 Jahre alte Angeklagte gesteht zum Prozessauftakt die Tat.
  • Das Landgericht München I versucht zu ergründen, inwieweit das Frauenbild des Angeklagten zu dem brutalen Vorgehen beigetragen hat.

Von Christian Rost

Ihrem Freund zuliebe passte sich Johanna D. (Name geändert) an dessen muslimische Glaubensgrundsätze an. Nach der Vorstellung von Jandi I. durfte die 32-Jährige keine kurzen Röcke tragen und sich nur dezent schminken. Wenn die aus Litauen stammende Frau ins Schwimmbad wollte, konnte sie nur ein reines Frauenbad besuchen.

Jahrelang ordnete sich Johanna D. ihrem Freund, mit dem sie drei Kinder hat, völlig unter. Als sie von Mitte 2014 an dann ein selbstbestimmteres Leben führte und gegen die Regeln ihres Freundes verstieß, gab es mehr und mehr Auseinandersetzungen. Am 15. April 2015 eskalierte die Situation: Der 32-Jährige verbrühte seine Freundin mit kochendem Wasser und rammte ihr ein Messer in die Brust.

Eifersüchtig kontrollierte er ihre E-Mails

Seit Montag muss sich Jandi I. wegen versuchten Mordes am Landgericht München I verantworten. Kahlköpfig, mit dunklem kurzen Vollbart, sitzt er vor dem Schwurgericht. Der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann muss zunächst Grundlegendes klären - die Herkunft des Angeklagten. Bislang hatte I. angegeben, aus dem Irak zu stammen. Nun räumt er ein, tatsächlich Syrer zu sein. Dies spielt aber ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr versucht die Kammer zu ergründen, inwieweit das Frauenbild des Angeklagten dazu beigetragen hat, dass er so brutal auf seine Partnerin losging.

Johanna D. besuchte Anfang April 2015 für ein paar Tage eine Freundin in Pforzheim. Jandi I. hatte ihr das "erlaubt", wie die Frau im Zeugenstand berichtet. Nach ihrer Rückkehr reagierte ihr Freund dennoch äußerst ungehalten. Eifersüchtig fragte er sie nach Männerbekanntschaften und kontrollierte ihre E-Mails.

Tagelang schwiegen sich die beiden an, bis es am Morgen des Tattages in der gemeinsamen Wohnung nahe des Ostfriedhofs erneut zu einer zunächst verbalen Auseinandersetzung kam. Die Frau hatte am Vortag gefülltes türkisches Gebäck mit nach Hause gebracht. Jandi I. herrschte sie an: "Warum bringst du für meine Kinder Schweinefleisch mit?" Die Frau entgegnete, dass es sich gar nicht um eine Schweinefleischfüllung handle.

Sie konnte noch eine Decke über ihren Sohn werfen

Der Streit darüber brodelte noch eine Weile weiter, war aber nicht so heftig, dass Johanna D. mit einem tätlichen Übergriff rechnete. Sie lag mit ihrem zweijährigen Sohn gerade auf dem Bett und sah fern, als Jandi I. plötzlich mit einem Wasserkocher in der Hand vor ihr stand und sie fragte, ob er sie "verbrennen" solle. "Ich dachte, der macht Spaß", erinnert sich Johanna D., die im nächsten Moment einen Schwall heißes Wasser abbekam, der an ihrem Oberkörper Verbrennungen zweiten Grades verursachte.

Sie hatte noch eine Decke über ihren Sohn werfen können, um diesen zu schützen. Da die schwer verletzte Frau weitere Attacken ihres Freundes befürchtete, versuchte sie, schnell aus der Wohnung zu flüchten. Doch ehe sie die Tür öffnen konnte, hatte Jandi I. sie schon am Arm gepackt, zu sich gedreht und ihr ein Messer mit elf Zentimeter langer Klinge in die Brust gerammt.

Nachbarn hörten ihre Schreie und alarmierten Polizei und Notarzt. Zwei Wochen musste sie im Krankenhaus behandelt werden. Sie und ihr jüngster Sohn, der die Tat mitansehen musste, sind noch immer schwer traumatisiert. I. will sich nicht zur Tat äußern, er überlässt es seinem Verteidiger Alexander Eckstein zu erklären, dass er die Vorwürfe einräume: "Er bedauert es außerordentlich." Der Prozess dauert an.

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