Prozess:Frau wird von eigenem Hund gebissen - und will Geld

  • Ein Mischlingshund hat seine Halterin in die Hand gebissen.
  • Dem Vorfall ging ein Streit zwischen dem Hund und einer Bulldogge voraus.
  • Die Halterin verlangt nun vor Gericht Schmerzensgeld und Schadenersatz von dem Halter der Bulldogge.

Von Stephan Handel

Eigentlich, sagt Gertraud Raimann, eigentlich ist der Timo ein ganz Lieber - Timo, der mittlerweile siebenjährige Mischlingshund, der als Welpe schon zu den Raimanns kam. Im Mai vor zwei Jahren aber, da hatte Timo einen Streit mit einem anderen Hund, blöd ging's her, und am Ende hatte Timo sein eigenes Frauchen so stark in die Hand gebissen, dass sie operiert werden musste und sechs Wochen krankgeschrieben war. Dafür möchte Gertraud Raimann jetzt Schmerzensgeld und Schadenersatz - allerdings nicht von Timo, sondern vom Besitzer des anderen Hundes.

Mit anderen Hundebesitzern und Timo war Gertraud Raimann an diesem Tag im Mai in den Landshuter Isarauen spazieren. Zu der Gruppe gesellte sich der jetzige Beklagte mit seinem Tier, einem Old english Bulldog. Dieser und Timo fingen an zu raufen, Raimann versuchte, ihren Hund wegzuziehen, der aber biss sie in die Hand. In der Klage trägt sie vor, dass der andere Hund die Rauferei begonnen habe und Timos fatale Reaktion nur durch die Einwirkung der Bulldogge zu erklären sei. Deshalb verlangt sie Schadenersatz in Höhe von 10 000 Euro und ein angemessenes Schmerzensgeld.

Das Landgericht hat nach der Befragung von Zeugen entschieden, dass dem anderen Hundebesitzer kein Verschulden treffe, und die Klage abgewiesen. In der Berufung am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht jedoch vertrat der 20. Senat eine andere Rechtsauffassung, so dass Gertraud Raimann nun vielleicht doch auf eine Geldentschädigung hoffen darf.

Der Senat sieht die Sache nämlich so: Zwar sei Gertraud Raimann an ihrer Verletzung zum überwiegenden Teil selber schuld - der andere Hundebesitzer müsse sich einen Teil der Verantwortung aber dennoch zurechnen lassen, das liege an der Tierhalterhaftung und der allgemeinen Gefahr, die von einem Tier immer ausgehe: "Wenn jemand auf die Koppel zu meinem Pferd geht", sagte die Vorsitzende, "und das Tier tritt ihn, dann muss ich haften, egal, ob ich ihm erlaubt habe, die Koppel zu betreten oder nicht."

Der Rest war dann eine Zusammenrechnung verschiedener Erfahrungswerte und Schätzungen: Raimanns Verletzung an der Hand rechtfertige für sich genommen ein Schmerzensgeld von 8000 Euro. Weil das Gericht aber ihre eigene Schuld mit 75 Prozent ansetzte, bleiben daraus 2000 Euro übrig.

Den so genannten Haushaltsführungsschaden schätzte das Gericht auf 1600 Euro - der Mann der Klägerin hatte sich Urlaub nehmen müssen, weil seine Frau verletzungsbedingt wenig bis nichts arbeiten konnte. Und schließlich ging es noch um die Feststellung zukünftiger Schäden, wenn also der Hundebiss Spätfolgen an der verletzten Hand zeitigen würde. Hierfür setzte das Gericht 1400 Euro an, so dass sich insgesamt eine Summe von 5000 Euro ergibt, die das Gericht für einen Vergleich empfahl.

Der Anwalt des gegnerischen Hundehalters sah die Angelegenheit naturgemäß völlig anders - er meinte, dass Raimanns Eigenverschulden die Verantwortung seines Mandanten weit übersteigt - "aufzehrt", sagen Juristen, so dass er überhaupt nicht haften müsse. Weil der Senat aber deutlich machte, dass das nach seiner Auffassung und nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs in ähnlichen Fällen nicht so sei, will der Anwalt den Vergleichsvorschlag nun mit der Haftpflichtversicherung des Mandanten besprechen: "Bei 2000 Euro hätten sie gleich ja gesagt", erklärte er. Ob der Vergleich zustande kommt, soll nun bis spätestens 7. September geklärt werden. Wenn nicht, will der Senat am 19. September eine Entscheidung verkünden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: