Süddeutsche Zeitung

Prozess:Ex-Frau lässt sich heimlich befruchtete Eizelle einsetzen - und verlangt Unterhalt

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Von Jacqueline Lang, München

Das dürfte wahrscheinlich der Albtraum fast eines jeden Mannes sein: eine Frau, die ihm ohne sein Wissen ein Kind unterjubelt. Immer mal wieder hört man von Fällen, in denen die Frau heimlich die Pille absetzt, auch zu Samenraub in der Besenkammer soll es schon gekommen sein. Der Fall, mit dem sich das Landgericht München an diesem Mittwoch beschäftigt hat, ist aber wesentlich kurioser. Sogar Richter Peter Lemmers spricht von einem "ungewöhnlichen Verfahren, das fast lustig wäre, ginge es nicht um ein Kind".

Vor ihm sitzen ein Mann und eine Frau, die früher einmal ein Paar waren. Heute haben die beiden, mittlerweile geschieden, zusammen einen drei Jahre alten Sohn, von dessen Zeugung der Mann allerdings nichts wusste. Seine damalige Frau hat seine Unterschrift für eine künstliche Befruchtung nachgemacht und ist für diese Urkundenfälschung auch schon verurteilt worden. Unterhalt aber will der Mann trotzdem nicht bezahlen. Vor dem Landgericht fordert er daher von den behandelnden Ärzten, von seinen Unterhaltspflichten freigestellt zu werden.

Der Mann bestreitet nicht, der Vater des Kindes zu sein. Doch habe seine Ex-Frau ihn hereingelegt. Er berichtet, dass er mit ihr gemeinsam befruchtete Eizellen einfrieren habe lassen. Das aber habe er nur in der Annahme getan, dass seine Frau an Hautkrebs erkrankt sei und durch eine mögliche Chemotherapie die Eierstöcke beschädigt und damit eine Schwangerschaft zu einem späteren Zeitpunkt unmöglich werden würde. Die Beziehungsprobleme eskalierten jedoch, immer wieder kam es zu Streit - so heftig sogar, dass der Ehemann nach eigener Schilderung sogar auszog, dann aber wieder zurückkehrte. Ein Kind habe er nicht mehr haben wollen.

Seine Ex-Frau hingegen schon. Vor dem Landgericht räumt sie ein, dass zwar ein bösartiges Basaliom an ihrem Rücken festgestellt worden sein, dieses aber nicht gestreut habe und entfernt worden sei. Darüber habe sie ihren damaligen Ehemann aber informiert. Ebenso wie über die Tatsache, dass sie den Eizellentransfer zeitnah und nicht erst in einer unbestimmten Zukunft vornehmen lassen wolle. Auf die Frage, warum sie seine Unterschrift für die Einverständniserklärung trotzdem gefälscht habe, sagt sie: "Wir haben uns davor gestritten, und ich hatte kein gutes Gefühl, ihm den Zettel unter die Nase zu halten."

Ihr Mann erfährt im Oktober 2013 dennoch von dem geplanten Eingriff und will diesen verhindern. Er habe in der Arztpraxis angerufen und der Arzthelferin gesagt, dass er der künstlichen Befruchtung nicht mehr zustimme. Die aber habe ihm erklärt, dass sie nichts machen könne und er doch mit seiner Frau sprechen solle. In den Akten, so gibt sie vor Gericht an, hat sie den Anruf vermerkt. Den behandelnden Arzt aber habe sie nicht informiert.

Strittig ist für das Gericht nun vor allem die Frage, ob der Arzt trotz unterschriebener Einverständniserklärung die Pflicht gehabt hätte, der Sache nachzugehen. Die Sache wird allerdings noch kurioser. Der erste Versuch der Befruchtung bleibt erfolglos, das Paar trennt sich. Dennoch unternimmt die Frau einen zweiten Versuch - erneut mit gefälschter Unterschrift. Der Eingriff erfolgt Ende März 2014. Dieses Mal klappt es mit der Schwangerschaft.

Um seine Unterhaltspflichten wird der Mann wohl nicht herumkommen. Ein Urteil wird es erst Anfang Mai geben, doch Richter Lemmers erklärt bereits am Mittwoch, dass der Mann seinen Widerspruch am Telefon deutlicher hätte ausdrücken müssen, zumal er gewusst habe, dass seine damalige Ehefrau ihr Vorhaben auch ohne seine Zustimmung umsetzen würde. Noch dazu lägen zwischen dem ersten und zweiten Versuch mehrere Monate, sagt Lemmers. Als die Frau auch eine zweite unterschriebene Einverständniserklärung vorgelegt habe, habe der Arzt davon ausgehen können, dass der zweite Versuch im Einverständnis beider Ehepartner erfolgt sei. Zum Schluss gibt Richter Lemmers dem geschiedenen Paar noch einen Rat: "Sie sollten die menschliche Größe haben, das um des Kindes willen zu regeln, denn das kann ja nichts dafür."

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SZ vom 15.03.2018
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