Süddeutsche Zeitung

Prozess:Drogenhändler nutzen Fernbusse zum Schmuggeln

  • In München müssen sich drei von neun Tatverdächtigen vor Gericht verantworten, die vergangenes Jahr wegen des Verdachts auf Drogenschmuggel festgenommen wurden.
  • Die Kuriere benutzten Fernbusse, um Marihuana und andere Drogen von Prag nach München zu bringen.
  • Im Hintergrund agierte eine tschechische Bande.

Von Martin Bernstein

Ihre Kuriere benutzten den Fernbus zwischen Prag und München, die heiße Ware traf am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) an der Hackerbrücke ein: Einen schwunghaften Handel mit Rauschgift hat eine tschechische Bande im vergangenen Jahr betrieben, ehe Münchner Zollfahnder zuschlugen.

Insgesamt konnten neun Tatverdächtige festgenommen werden, drei von ihnen - seit Anfang Juli letzten Jahres in Untersuchungshaft - müssen sich von Mittwoch an vor dem Landgericht München I verantworten. Durch Ermittlungen der Zollfahnder konnten zwischen April und Juli 2015 insgesamt 19 Schmuggelfahrten in Bussen von Prag nach München und die Lieferung von 36,5 Kilogramm Marihuana nachgewiesen werden.

Bereits im April 2015 kontrollierten Münchener Zöllner am ZOB Fernbusreisende aus Prag. Dort konnten nach Auskunft von Johannes Streidl, Sprecher des Münchner Zollfahndungsamtes, bei insgesamt drei tschechischen Staatsangehörigen knapp fünf Kilogramm Marihuana sichergestellt werden. Doch die Ermittlungen des Zollfahndungsamts München gingen weiter.

Bis Ende Juli flogen die gesamte Bande sowie mehrere ihrer Abnehmer auf. Der Hintermann der Schmugglerbande sowie eine weitere Kurierin wurden in enger Zusammenarbeit mit den tschechischen Behörden im Mai 2015 in Prag auf frischer Tat ertappt. Der tschechische Hintermann hatte erst zwei Monate vorher eine knapp zweijährige Haftstrafe wegen Marihuanaschmuggels in Deutschland abgesessen.

Die Lieferung ging schief - trotzdem gab der Student sein Geschäftsmodell nicht auf

Ein in München lebender 29-jähriger Abnehmer der Marihuana-Lieferungen wurde am 1. Juli 2015 bei der Übergabe einer weiteren Lieferung von 2,5 Kilogramm Marihuana festgenommen. Auch dieses Rauschgift war im Fernbus nach München geschmuggelt worden. Bei der anschließenden Durchsuchung seiner Wohnung entdeckten die Zollfahnder 200 Gramm Kokain, 40 Gramm Amphetamin sowie 30 000 Euro Bargeld in laut Zoll "szenetypischer Stückelung". Der zweite Abnehmer der tschechischen Schmugglerbande, ein 23-jähriger Deutscher, konnte nach erfolgreichen Ermittlungen durch Rauschgiftfahnder des Zollfahndungsamtes in seiner Wohnung festgenommen werden.

Zentrale Figur in München war der 29-jährige Student. Er bestellte das Marihuana in Tschechien. Doch schon die zweite Lieferung ging schief. Bevor der Kurier die Ware im Wert von 11 000 Euro in der Wohnung des Münchners abliefern konnte, schnappten die Zollfahnder um die Mittagszeit am ZOB zu. Im Gepäck des Kuriers befanden sich knapp zwei Kilogramm Marihuana.

Doch der 29-jährige Münchner gab deswegen seine Geschäftsidee nicht auf. Schon am nächsten Tag reiste er laut Anklage persönlich nach Prag, um Nachschub beim Chef der Drogenschmuggler zu ordern. Dabei hatte er eine Anzahlung von 4000 Euro. Weitere Lieferungen folgten, der Stoff stammte zum Teil vom Prager Vietnamesenmarkt. Zwei Kuriere stehen ebenfalls von Mittwoch an vor Gericht.

Trotz des Fahndungserfolgs sind weiterhin Kuriere mit den vergleichsweise günstigen Fernbussen unterwegs. Anfang März schnappten Zollfahnder einen Drogenkurier bei einer Kontrolle auf einem Autobahnparkplatz an der A 8 bei Wendlingen. Der 31-Jährige hatte 1,2 Kilogramm Heroin verpackt im Magen. Ziel des in Amsterdam gestarteten Fernbusses: München.

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SZ vom 23.08.2016/ebri
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