Prozess:Der schweigsame Jens Lehmann

Gerhard Mayer-Vorfelder Memorial Service

Jens Lehmann saß auf der Wiesn am Tisch der Angeklagten.

(Foto: Getty Image)

Der Ex-Nationaltorwart bringt den Prozess wegen versuchten Mordes auf der Wiesn gegen Melanie M. wenig voran

Von Andreas salch

Auch Jens Lehman, ehemals Torwart der Fußballnationalmannschaft, war am ersten Wiesnsamstag 2015 im Käfer-Zelt Gast eines Hamburger Multimillionärs. Dessen Verlobte muss sich derzeit vor dem Landgericht München I wegen einer Messerattacke auf einen Lkw-Fahrer verantworten. Die Staatsanwaltschaft geht von versuchtem Mord aus.

Da Lehmann am Abend jenes 19. Septembers 2015 in dem Promitreff auf der Wiesn mit dabei war und am Tisch der Angeklagten saß, musste er im Strafjustizzentrum ebenfalls als Zeuge in dem Prozess vor der 2. Strafkammer aussagen. Bei seiner Vernehmung gab sich der 46-Jährige schmallippig. Nach seiner Belehrung nannte er Namen und Alter. Die Anschrift verschwieg er, damit sie die Zuschauer im Saal nicht erfahren. Und bei der Frage nach seinem Beruf geriet der 46-Jährige ins Stottern. "Medien, Medien". Also, er sei "Fußball-Experte im Fernsehen", meinte Lehmann schließlich. Zu den Vorwürfen aus der Anklage konnte er so gut wie nichts sagen. Dass ein Lkw-Fahrer seinen ehemaligen Mannschafts-Kollegen Patrick Owomoyela wegen dessen Hautfarbe massiv rassistisch beleidigte, habe er nicht mitbekommen. "Ich bin gegen 22.30 Uhr gegangen", berichtete der Ex-Nationaltorwart. Die mutmaßliche Tat geschah gegen ein Uhr. Wie viel Alkohol die Angeklagte Melanie M. an dem Abend getrunken habe, wisse er nicht, sagte Lehmann. Dass sie etwas getrunken habe, habe man jedoch gehört. "Die Stimme war nicht mehr ganz klar", so der Zeuge. Das war es dann schon. Inklusive Belehrung über seine Pflicht als Zeuge vor Gericht wahrheitsgemäß und vollständig aussagen zu müssen, dauerte der Auftritt des Ex-Nationaltorwarts fünf Minuten.

Die anderen Gäste des Hamburger Multimillionärs, die bislang vernommen wurden, sagten, dass es im Käfer-Zelt zu keiner Auseinandersetzung zwischen einem Freund des Lkw-Fahrers und Patrick Owomoyela gekommen sei. Die Staatsanwaltschaft aber geht hiervon aus. Melanie M. soll sich dabei bereits eingemischt haben. Die 34-Jährige bestreitet dies. Rechtsanwalt Steffen Ufer, der mit seinen Kollegen Annette Voges und Gerhard Strate die Verteidigung von Melanie M. übernommen hat, nennt den Vorwurf des versuchten Mordes, der gegen seine Mandantin erhoben wird, "grotesk". Der Lkw-Fahrer und Melanie M. hätten sich vor dem Käfer-Zelt gegenübergestanden und angeschrien. "Da bin ich nicht arglos", so Ufer am Rande des Prozesses. Melanie M. habe somit nicht heimtückisch gehandelt, wie es ihr die Staatsanwaltschaft zur Last legt. Sie habe Angst gehabt, so Ufer.

Eine Zeugin berichtete am Mittwoch, dass sich die an dem Streit vor dem Käfer-Zelt beteiligten Personen "animalisch" angebrüllt hätten. Seine Mandantin, sagt Ufer, sei von dem Lkw-Fahrer mit dem Tode bedroht worden. Sie sei Mutter von drei Kindern - welches Motiv, außer sich zu wehren, soll sie gehabt haben, frage er sich. Die Angeklagte sei erschreckt und verängstigt gewesen. Wer in diesem Zustand die Grenze der Notwehr überschreite, werde laut Paragraf 33 Strafgesetzbuch nicht bestraft, so Ufer. Der Prozess wird fortgesetzt.

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