Prozess um EU-Norm:Betreiber von Wiesn-Fahrgeschäft gewinnt gegen TÜV

  • Die Betreiber des Fahrgeschäfts "Magic" haben einen für die ganze Branche wichtigen Prozess gegen den TÜV gewonnen.
  • Es geht darum, dass ältere Oktoberfest-Fahrgeschäfte nicht nach den neuesten DIN-Vorschriften geprüft werden müssen.
  • Rund 100 Betreiber von Oktoberfest-Fahrgeschäften sind von dieser durch EU-Vorschriften ausgelösten Problematik betroffen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Dem Münchner Schausteller Eduard Hohmann und seiner Familie ist erst einmal ein Stein vom Herzen gefallen. Die Betreiber des Fahrgeschäfts "Magic", mit dem sie regelmäßig auf dem Oktoberfest sind, haben einen für die ganze Branche wichtigen Prozess gegen den TÜV gewonnen. Es geht darum, dass ältere Oktoberfest-Fahrgeschäfte nicht nach den neuesten DIN-Vorschriften geprüft werden müssen. Das habe gar nichts mit der Frage der Sicherheit zu tun, betonen sowohl Hohmann wie auch das Gericht. Rund 100 Betreiber von Oktoberfest-Fahrgeschäften sind von dieser durch EU-Vorschriften ausgelösten Problematik betroffen.

Das "Magic" ist 23 Jahre alt. Wie all die vor 2004 gebauten Fahrgeschäfte wurde es bisher regelmäßig nach deutschen technischen Vorgaben (DIN 4112) vom TÜV geprüft, ob es sicher ist und in Betrieb gehen darf. Dann wurde die europäische Norm EN 13841 beschlossen, die erhöhte Sicherheitsanforderungen enthält.

Hohmann hält das grundsätzlich auch für richtig. Doch bei den neuen Prüfverfahren würde es beispielsweise um Schweißtechniken gehen, die noch gar nicht existierten, als etwa sein "Magic" gebaut wurde. Deshalb sei die EU-Norm auch gar nicht für ältere Fahrgeschäfte vorgesehen. Das werde auch in allen EU-Staaten berücksichtigt, nur in Belgien und Deutschland nicht.

Wie das Gericht urteilte

Hohmann wundert sich, dass der Münchner TÜV die betroffenen Schausteller bei dieser Rechtsfrage nicht unterstützt habe. Denn dessen Fachleute hätten doch vor allem auch die Oktoberfest-Fahrgeschäfte regelmäßig besonders gut und gründlich unter die Lupe genommen und wüssten, dass sie in Bezug auf die Sicherheit höchste Anforderungen erfüllten. Münchner TÜV-Gutachten würden doch genau deswegen überall einen so hohen Stellenwert haben, dass sogar für gebrauchte Karussells oder Achterbahnen mit Münchner TÜV-Siegel höhere Preise bezahlt würden.

Das Verwaltungsgericht München hat der Münchner Schaustellerfamilie nun recht gegeben. Die 9. Kammer stellte fest, dass die neuen Prüfbestimmungen rechtswidrig seien. Es fehle schon an der notwendigen Rechtsgrundlage, einem älteren Fahrgeschäft die Betriebserlaubnis erst dann wieder zu erteilen, wenn die neue EU-Norm (DIN EN 13814) erfüllt werde.

Die europäische Norm wurde nach Ansicht des Gerichts nicht wirksam in das bayerische Bauordnungsrecht eingeführt. Denn die veränderte Rechtslage sei den Betroffenen nicht klar verständlich bekannt gemacht worden. Das Gericht hält es außerdem für fraglich, ob diese Anordnung in allen Fällen verhältnismäßig sei. Es sei darüber hinaus zweifelhaft, ob die geforderte technische Begutachtung "tatsächlich einen Mehrwert an Sicherheit" für solche Fahrgeschäfte biete, die bislang nach den alten technischen Vorgaben erstellt und jährlich geprüft worden seien, sagt das Gericht (Az.: M 9 K 14.4412). Ähnlich hat auch schon das Verwaltungsgericht Hannover entschieden und die neue Prüfnorm für unwirksam erklärt. Ob der TÜV gegen das Urteil Berufung einlegt, ist offen.

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