Prozess:"Dann werden wir beide zum Grab gehen"

Prozessauftakt - Ehemann gesteht Tötung seiner Frau

Gestanden: Der Angeklagte Josip B. beim Auftakt des Prozesses vor dem Münchner Landgericht.

(Foto: dpa)
  • Ein wegen Mordes angeklagter Mann hat vor dem Landgericht München I gestanden, seine Ehefrau umgebracht zu haben.
  • Zu den Umständen der Tat wollte sich der 44-Jährige nicht äußern. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Kroaten heimtückischen Mord aus Eifersucht vor.
  • Er soll die 43-Jährige vor rund einem Jahr auf offener Straße mit zehn Messerstichen in den Brustkorb und zwei in den Hals getötet haben, weil sie ihn verlassen wollte.

Von Susi Wimmer

"Ich habe sie wahnsinnig geliebt. Immer noch", sagt Josip B. mit leiser Stimme. Wobei sich die Frage stellt, ob die Betonung auf Liebe oder Wahnsinn zu liegen hat. Josip B. steht vor der ersten großen Schwurgerichtskammer am Landgericht München I, weil er im November 2017 seine Ehefrau auf offener Straße in Harlaching mit Messerstichen in den Rücken sowie Brust und Hals ermordet haben soll. Josip B. hatte ein massives Alkoholproblem, und er soll seine Frau und seine Söhne mehrfach brutal geschlagen haben. Deshalb wollte sich seine 43 Jahre alte Ehefrau ein für allemal von ihm trennen. "Wenn sie mir noch eine Chance gegeben hätte, hätte ich sie nicht getötet", sagte Josip B. einem Beamten der Mordkommission.

Wie sehr die Ehefrau und die drei Söhne unter den Ausfällen von Josip B. gelitten haben, bleibt am ersten Verhandlungstag noch vage. Staatsanwältin Nina Prantl spricht in ihrer Anklage von Gewalttätigkeiten gegen die Ehefrau und vor allem den ältesten Sohn. Und sie berichtet von einem Vorfall zwei Monate vor der Tat, bei dem der damals 43-Jährige seiner Frau so heftig mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben soll, dass sie Schwellungen erlitt und die rechte Gesichtshälfte taub war. Josip B. schweigt. Auf Anraten seiner Anwältin Birgit Schwerdt, äußert sich der Angeklagte nicht. Nur so viel sagt Schwerdt: "Mein Mandant räumt die Tötung ein."

So erstreckt sich der erste Verhandlungstag auf das Leben von Josip B. Während Staatsanwältin Prantl die Anklage verliest, blinzelt der dunkelhaarige Mann im schwarzen Sportpullover unruhig und zuckt mit dem Mund. Dann erzählt er seine Version seines Lebens und seine Version der 25-jährigen Ehe. Josip B. wuchs in Slavonski Brod, im heutigen Kroatien auf, brach in der achten Klasse die Schule ab, arbeitete in einer Mühle und lernte mit 17 Jahren die gleichaltrige Jelena (Name geändert) kennen. Das Mädchen wurde schwanger, ein Jahr später heiratete das Paar.

Der Krieg brach aus, Josip B. ging zur Grenzpolizei und erlebte im April 1995 mit, wie ein Kollege und guter Freund neben ihm erschossen wurde. "Ich war nervlich ziemlich fertig und kam in die Psychiatrie", erzählt er. Er lernte den Beruf des Schweißers, 2010 ging er in Frührente. Er habe Stimmen gehört und ja, räumt er ein, Alkohol könnte auch ein Teil des Problems gewesen sein. Er selbst kann sich nur daran erinnern, dass er seine Frau zweimal mit der flachen Hand geschlagen und einmal an den Haaren gezogen habe. Als Richter Michael Höhne ihm vorhält, dass einer seiner Söhne ausgesagt habe, Josip B. habe die Mutter über Jahre misshandelt, da entfährt es B.: "Das ist eine Lüge!"

Staatsanwältin Prantl sieht die Sache so: Jelena habe sich scheiden lassen wollen, sei aber wegen der Kinder bei ihrem gewalttätigen Mann geblieben. Im Februar 2016 zog sie nach München zu ihrer Schwester. Ihrem Mann sagte sie, er könne nachkommen, wenn er keinen Alkohol mehr trinke. Tatsächlich hörte Josip B. im Juni 2017 mit dem Trinken auf und setzte sich im September in den Bus nach München, wo er mit dem mittleren Sohn und der Ehefrau zusammenlebte. Der jüngste Spross hatte ein Stipendium bei dem kroatischen Fußballverein Dinamo Zagreb.

Die Harmonie währte nur drei Tage: Der eifersüchtige Mann mutmaßte, Jelena habe bei ihrer Putzstelle einen Geliebten, und er schlug ihr mit der Faust ins Gesicht. Anschließend fuhr er nach Kroatien zurück, trank und stand im November wieder in München vor der Türe seiner Frau.

Er griff sich ein Küchenmesser und lief ihr nach

Am Abend des 23. November war Josip B. wieder einmal betrunken, seine Ehefrau erklärte ihm, er solle nach Kroatien zurückkehren. Tags darauf stand Jelena wie immer vor vier Uhr auf, um zur Arbeit zu gehen. Josip B. saß in der Küche und wollte eine erneute Aussprache, aber die Ehefrau verließ das Haus. Er griff sich ein Küchenmesser, versteckte es in der Jacke und lief ihr nach.

"Bitte tu das nicht, ich werde gut sein wie Brot", flehte er seine Frau nach einer kroatischen Redensart an. Aber die 43-Jährige gab ihm zu verstehen, sie wolle ihn nicht mehr sehen und werde die Polizei rufen. "Gut, dann werden wir beide zum Grab gehen", soll er gesagt haben. Jelena drehte sie sich um und ging.

Laut Anklage soll er das Messer gezogen und es ihr in Rücken, Oberkörper und Hals gerammt haben. Dann verletzte er sich selbst mit dem Messer, "ich wollte mir die Spitze direkt ins Herz stechen", sagte er bei der Mordkommission. Als die Polizei eintraf, rauchte Josip B. eine Zigarette und stand teilnahmslos neben seiner schwerverletzten Frau, die wenig später in einer Klinik starb.

Zur SZ-Startseite

Gewalt gegen Frauen
:#schweigenbrechen

Weit mehr Menschen als früher holen sich Unterstützung übers Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen". Doch auch hier sprechen Betroffene erst spät über ihre Vergewaltigung - zu groß sind Angst und Scham.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: