Prozess:Beim Honorar verrechnet

Lange Nacht der Museen in München, 2018

Um die Kosten für die Pinakothek der Moderne streiten sich der Architekt und der Freistaat vor Gericht.

(Foto: Stephan Rumpf)

Pinakothek der Moderne: Landgericht weist Klage von Architekt Braunfels gegen den Freistaat teilweise zurück

Von Stephan Handel

Der Architekt Stephan Braunfels ist - zumindest teilweise - mit seinem Versuch gescheitert, beim Freistaat Bayern fast zehn Millionen Euro zusätzlich als Honorar für den Bau der Pinakothek der Moderne zu erhalten. Das Landgericht wies in einem Teil-Urteil die Klage ab, und zwar in einer Höhe von knapp sechs Millionen Euro. Den Rest der Summe hält die Baukammer des Gerichts für "noch nicht entscheidungsreif": Es geht dabei um Planungsänderungen, die nach Ansicht des Gerichts eine "umfangreiche Beweisaufnahme" nötig machen würden.

Braunfels machte in seiner Klage geltend, dass die Vereinbarung mit dem Freistaat vor Baubeginn nicht dem tatsächlichen Verlauf des Baus entsprochen habe - so habe die Fertigstellung sehr viel länger gedauert, was aber nicht an seinem Verschulden gelegen sei. Des weiteren seien an seinem Entwurf, mit dem er den Architekten-Wettbewerb gewonnen hatte, umfangreiche Umplanungen erforderlich gewesen: Der Entwurf habe einen Rauminhalt des Gebäudes von 300 000 Kubikmetern vorgesehen, der Freistaat habe aber die Baukosten auf höchstens 200 Millionen D-Mark festgesetzt bei einem Kubikmeter-Preis von 1000 D-Mark. Deshalb habe das Museum am Ende 100 000 Kubikmeter kleiner werden müssen. Er habe einen Fassadenplaner beauftragt und bezahlt. Und schließlich sei bei der Berechnung des Honorars eine falsche Grundlage aus der "Honorarordnung für Architekten und Ingenieure" angewendet worden.

An diesem letzten Punkt erteilte das Gericht den Parteien eine Lektion in Sachen Grundrechenarten: Im Vertrag zwischen dem Freistaat und dem Architekten war für die Berechnung des Honorars eine Formel niedergelegt. So, wie sie dort aber steht, hätte sie bedeutet, dass Braunfels den in der - höchsten - "Honorarzone V" festgelegten Betrag erhalten hätte plus 20 Prozent aus der Honorarzone IV. Das aber betrachtete das Gericht als "seitens der Parteien nicht intendiert" - auch weil Braunfels selbst in seiner Rechnung andere Sätze zugrunde legt. Des Rätsels Lösung: Im Vertrag hatten weder Architekt noch Freistaat die mathematische Regel "Punkt vor Strich" berücksichtigt und bei der Formel eine Klammer-Setzung übersehen.

Entgegen des alten Juristen-Spruches "Judex non calculat" - "Der Richter rechnet nicht" - machte sich die Kammer an die wohl korrekte Neuberechnung und kam zu dem Ergebnis, das wohl gemeint war: Das Honorar soll sich zusammensetzen aus 80 Prozent der Summe von Honorarzone V plus 20 Prozent der Zone IV. Das entspricht auch einer Liste aus der Honorarordnung: Danach fallen Museen - ebenso wie beispielsweise Hallenbäder oder Brauereien - in die Honorarzone IV; "aufgrund des Umfangs und der Komplexität des streitgegenständlichen Museumsbaus", heißt es im Urteil, "dürfte eine Erhöhung (...) jedoch angemessen gewesen sein". Deshalb sei Braunfels' Rechnung nicht richtig, eine Anspruchsgrundlage für seine Klage bestehe nicht.

Braunfels' Argument der verlängerten Bauzeit und dadurch entstandener höherer Kosten ließ das Gericht ebenfalls nicht gelten - das ergebe sich schon daraus, dass im Vertrag eine feste Planungs- und Bauzeit überhaupt nicht festgeschrieben sei. Vielmehr sei dort eine stufenweise Beauftragung des Architekten je nach Fortgang des Baus vorgesehen. Auch eine Regelung für zusätzliche Vergütungen bei wesentlicher Verzögerung der Bauzeit sei nicht enthalten. Zudem sei Braunfels ja kein Anfänger: "Er war", heißt es im Urteil, "als Inhaber eines renommierten, großen Architekturbüros im Bauwesen erfahren und musste um die erheblichen Bauzeitrisiken wissen, die gerade mit umfangreichen Bauwerken regelmäßig verbunden sind." Deshalb hätte er schon beim Vertragsschluss auf einer Vereinbarung bei Verzögerung und deshalb auftretender Mehrkosten bestehen müssen.

Auf den Kosten für die Fassadenplanung schließlich - immerhin gut 150 000 Euro - bleibt Braunfels laut Urteil ebenfalls sitzen: Diese sei Teil des gesamten Auftrags an den Architekten gewesen, "mit der Folge, dass er sich gegebenenfalls erforderlichen sachkundigen Rat auf eigene Kosten zu besorgen hatte". Die Summe dieser Forderungen Braunfels' beläuft sich auf rund 5,8 Millionen Euro - somit ließ das Gericht in dem Teilurteil rund vier Millionen Euro offen. Dabei geht es um Planungsänderungen, ein Gutachter sah im Prozess zumindest "Anknüpfungspunkte" für möglicherweise rechtmäßige Forderungen. Dazu wird aber eine Beweisaufnahme nötig sein. Das Gericht schrieb aber jetzt schon, dass die Rechnung an diesem Punkt möglicherweise nicht korrekt ist und reduziert werden muss.

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