Süddeutsche Zeitung

Prozess:Babysitter soll in Trudering zwei Mädchen missbraucht haben

  • Wegen Vergewaltigung, Körperverletzung und Besitz von Kinderpornos steht ein 59 Jahre alter Münchner vor Gericht.
  • Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass er sich in Trudering das Vertrauen seiner Nachbarn erschlichen und sich dann über einen längeren Zeitraum an den beiden Kindern vergangen habe.
  • Die Polizei fand bei einer Durchsuchung mehrere Hundert kinderpornografische Dateien in der Wohnung des Angeklagten.

Aus dem Gericht von Susi Wimmer

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft umfasst eine Aufzählung von unglaublichen Ungeheuerlichkeiten: Es geht um schweren sexuellen Missbrauch von Kindern, um Vergewaltigung von Kindern und Körperverletzung an Kindern, und auch um den Besitz von Kinderpornos, in dem unter anderem ein Mann versucht, ein etwa einjähriges Mädchen zu vergewaltigen. Robert L. sitzt vor der Jugendschutzkammer am Landgericht München I und schüttelt während der Verlesung der Anklagepunkte immer wieder den Kopf. Es soll um ihn gehen, um seine Taten. Der 59-Jährige soll sich das Vertrauen einer Nachbarsfamilie in Trudering erschlichen und als Babysitter über einen längeren Zeitraum zwei Mädchen im Alter von sechs und sieben Jahren missbraucht haben.

Von dem Angeklagten ist am ersten Verhandlungstag nicht viel zu sehen - und erst recht nichts zu hören. "Mein Mandant wird schweigen", kündigt sein Verteidiger Vincent Burgert in einer Sitzungspause an. Nachdem sich die Besetzung der Kammer geändert hat, weil eine Schöffin verhindert war und durch einen anderen Schöffen ersetzt wurde, beantragt Burgert, die Sitzung "wegen Überprüfung der Besetzung" auszusetzen. Das heißt, der Sitzungstag ist komplett gestrichen, es wird erst wieder am Donnerstag weiterverhandelt. Bis zu diesem Antrag hatte die Jugendschutzkammer unter Richterin Sigrun Broßardt lediglich die Personalien des Angeklagten feststellen können.

Robert L. arbeitet als Handwerker, ist geschieden, und lebt in Trudering. Seine starke Korpulenz fällt sofort auf, er soll sie auch dazu benutzt haben, sich auf seine Opfer zu legen und sie mit seinem Körpergewicht zu fixieren. Staatsanwältin Melanie Rochner führt in der Anklage aus, dass sich zwischen Robert L. und einer Nachbarin ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt habe. Die Frau vertraute dem Mann sogar soweit, dass sie ihm ihre Tochter Maja (Namen der Kinder geändert) zum Aufpassen überließ und sie vermittelte den Babysitter noch an eine Freundin weiter, die ebenfalls eine Tochter namens Johanna zu beaufsichtigen hatte. Robert L. gab den Kindern Nachhilfeunterricht, ging mit ihnen ins Schwimmbad und verbrachte viel Freizeit mit ihnen.

Maja muss sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein, als Robert L. sich an ihr vergriffen haben soll. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich die Taten alle zwischen September 2016 und Oktober 2017 ereigneten. Es ist von sexuellem Missbrauch im Michaelibad die Rede, von Übergriffen in der Wohnung des Angeklagten und von dem Versuch, das Mädchen trotz Gegenwehr zu vergewaltigen.

Johanna und Maja waren oft gemeinsam bei Robert L. zu Besuch. Dabei soll er Johanna auf den Mund geküsst und ihr seine Zunge in die Mundhöhle gesteckt haben. Bei einer anderen Gelegenheit, als Maja mit Johannas Schwester bei L. vor dem Fernseher saß, soll er Johanna in das Büro seiner Wohnung gezogen und dort begrapscht haben. Und mindestens einmal, so sagt Staatsanwältin Melanie Rochner, soll er das Mädchen in seiner Wohnung vergewaltigt haben. Als die Polizei im November 2017 seine Truderinger Wohnung durchsuchte, stellte sie unter anderem fünf Festplatten sicher, auf denen sich an die 300 kinderpornografische Dateien befanden.

Seit fast einem Jahr sitzt Robert L. in Haft. Die Kammer hat sechs Verhandlungstage anberaumt, einen psychiatrischen Gutachter sowie eine Rechtsmedizinerin bestellt. Von den Mädchen soll ein Glaubwürdigkeitsgutachten erstellt werden. Ihre Aussagen werden per Video in den Prozess eingespielt, sicherlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. So bleibt den Kindern eine Konfrontation mit dem mutmaßlichen Täter erspart.

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Quelle:
SZ vom 09.10.2018/sim
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