Prozess:Ausraster im Drogenrausch

  • Berauscht von der der Bio-Droge "Spice" ging ein Mann mit einem Fleischerbeil auf den Vater los.
  • Das Pulver wird offiziell für Räucherwerk angeboten.
  • Der Fliesenleger muss sich nun vor Gericht verantworten - auch, weil er Polizisten bedroht hat.

Von Christian Rost

Markus M. gibt ein gutes Beispiel dafür ab, dass auch vermeintlich harmlose Bio-Drogen eine verheerende Wirkung haben können. Der 47-Jährige konsumierte über Monate hinweg "Spice", das offiziell als Pulver für Räucherwerk angeboten, tatsächlich aber wegen seiner psychoaktiven Wirkung konsumiert wird. Im Rausch flippte M. dann regelrecht aus. Er bedrohte einen Polizisten mit dem Tode und ging auf seinen Vater mit einem Fleischerbeil los. Seit diesem Montag muss sich der Fliesenleger am Landgericht München I verantworten.

Das Rauchen von "Spice" in Verbindung mit Alkohol machte M. mit der Zeit immer unberechenbarer. Seit 2015 griff er täglich zu der Mischung, die eine Londoner Firma via Internet vertreibt. Laut einem Gutachten des Bundeskriminalamtes enthält das Pulver nicht nur getrocknete Pflanzenteile, sondern auch synthetische Cannabinoide. Deshalb wird es in der Szene auch überwiegend als Ersatzprodukt für Cannabis verwendet. Der Handel damit ist seit 2009 in Deutschland verboten. Über das Internet bestellt, findet es aber nach wie vor den Weg zu den Abnehmern.

Berauscht von dieser Mischung und zudem unter dem Einfluss einer halben Flasche Wodka rief M. am 7. März dieses Jahres bei der Polizeiinspektion in Forstenried an und beleidigte einen Beamten. Auf seiner Homepage stellte er zudem einen Text ein, in dem es unter anderem heißt: "An die Polizei von München. Einer wird bald gekillt." Insbesondere einen Polizeioberkommissar hatte M. dabei im Visier. Weshalb er den Mann so massiv bedrohte, daran kann sich der Angeklagte heute nicht mehr erinnern. Er sei ja "total zugelötet" gewesen, meinte M. mit Blick auf seinen massiven Rauschzustand.

Der Vorsitzende Richter versucht es mit einer Gedächtnisstütze: Ob er eventuell befürchtet habe, dass ihm der Führerschein entzogen werde?, fragt er den Angeklagten. Doch der muss passen: "Das weiß ich nicht mehr." In großen Teilen unbeantwortet blieben auch die Fragen des psychiatrischen Sachverständigen Matthias Hollweg. "Ich verstehe überhaupt nicht mehr, warum ich das getan habe. Es ergibt keinen Sinn mehr", sagt Markus M.

Dass er sich neben der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten auch wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verantworten muss, liegt an dem Umstand, dass er zwei Tage nach seinen Drohungen gegen den Polizisten seinen Vater angegriffen hat. Der Fliesenleger lebte bis zu seiner Festnahme mit seinen Eltern zusammen in einem Haus, und die bekamen die Drogenzustände des Sohnes natürlich regelmäßig mit.

Der Polizei waren die Hände gebunden

Der Vater hoffte zunächst, der Sohn werde irgendwann die Finger von dem Rauchpulver lassen. Weil er zuvor nie gewalttätig gewesen sei, habe er ihn gewähren lassen, berichtete der Vater vor Gericht. An jenem Tag im März allerdings rastete Markus M. aus. Zunächst bedrohte er seine Familie: Er werde allen "den Schädel runterhauen". Sein Vater war deswegen bei der Polizei, um sich beraten zu lassen, wie man dem Sohn helfen könne. Den Polizisten waren allerdings die Hände gebunden, weil noch nichts passiert sei, wie man dem Vater sagte.

Als er dann nach Hause kam, wartete der Sohn mit einem Fleischerbeil in der Eingangstür und ging auf den Rentner los. Der konnte sich wegducken und flüchten. Nun schritt auch die Polizei ein - M. wurde festgenommen. Der Vater glaubt, dass sein Sohn in der Untersuchungshaft "kapiert hat, dass das jetzt der Scheideweg ist". Der Prozess dauert an.

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