Ein Ferrari soll verkauft werden, ein 575 Maranello, Neupreis etwa 200 000 Euro. Für den Gebrauchten sollen 68 000 Euro erlöst werden - aber dann baut der Interessent bei der Probefahrt einen Unfall, Schaden: zirka 36 000 Euro. Eine ärgerliche Geschichte, gewiss. Vor allem, wenn sie nicht stimmt.
Sigmar F. scheint ein Autofreund zu sein, auf nicht so gutem Fuß steht er aber mit den Gesetzen. Ihm gehörte der Ferrari, den der angebliche Interessent im Mai 2013 an die Wand des Altstadtringtunnels fuhr. Was merkwürdig war: Youseff S. ist Student, er lebt von einem 800-Euro-Job. Wie hätte er sich ein Auto für fast 70 000 Euro leisten wollen?
Das dachte sich auch die Gesellschaft, bei der Sigmar F. eine Vollkasko-Versicherung für den Ferrari abgeschlossen hatte: Sie weigerte sich zu zahlen, zunächst mit der Begründung, die Probefahrt habe F. nachträglich erfunden, tatsächlich habe er einen Kumpel mit seinem Auto fahren lassen, was von der Versicherung nicht gedeckt sei. Sigmar F. klagte gegen die Versicherung und verlor vor dem Landgericht.
Obwohl ihn die Richter dort schon darauf hingewiesen hatten, dass sich eventuell auch der Staatsanwalt für den Vorgang interessieren könnte, ging er in Berufung vor das Oberlandesgericht (OLG). Dort aber erschien er nicht zu einem ersten Termin, und auch beim nun zweiten Termin saß sein Anwalt alleine da - er habe keinen Kontakt zu seinem Mandanten. Dieser reagiere nicht auf seine Schreiben, Telefonnummer habe er keine. Am liebsten, sagte der Anwalt, würde er das Mandat niederlegen.
Davor könne er ihn bewahren, sagte Franz Tischler, der Vorsitzende Richter des Verkehrssenats: "Wir sehen uns durchaus in der Lage zu entscheiden." Dann zählte er auf, was alles für die Version der Versicherung spricht - sie muss ihre Darstellung ja beweisen, wenn sie Erfolg haben will. Also, hob Tischler an: Der Ferrari wurde von Sigmar F. erst am Tag des Unfalls zugelassen. "Das tut ein Profi nicht", sagte der Richter: Ohne Not stehe so ein Vorbesitzer mehr in den Papieren. Darüber hinaus gebe es weitere Strafverfahren gegen F. wegen ähnlicher Vergehen. Außerdem war am Ferrari ein Aufkleber angebracht: Jedermann könne ihn mieten für eine Rundfahrt durch München.
Und schließlich, das wichtigste Beweisstück: ein Youtube-Video von Sigmar F. mit einem "Ariel Atom", auch so eine Rakete auf vier Rädern. Das Video trägt ohne Rücksicht auf korrekte Rechtschreibung den Titel "Mit dem Traumwagen Chauffeure eine kleine runde durch München". Darin rast Sigmar F. mit einem Mann - offensichtlich einem Kunden - durch die Stadt. Auch durch den Altstadttunnel, wo der Unfall mit dem Ferrari passiert ist.
"Der Beweis ist geführt", sagte Richter Tischler trocken: Es war keine Probefahrt, nicht einmal eine Ausleihe unter Freunden, es war schlicht und einfach F.s Geschäft, seine Autos auf der Straße an jedermann zu vermieten. Damit muss die Versicherung den Schaden nicht bezahlen - Berufung endgültig zurückgewiesen. Und nun könnte es sein, dass sich der Staatsanwalt die Akte wirklich mal ganz gründlich durchliest.