Prozess:Am Ende bleibt Ottfried Fischer nur noch Sarkasmus

Neue Runde im Otti-Fischer-Prozess

In Kriminalfällen hat Ottfried Fischer schon oft mitgespielt. In eigener Sache aufzutreten, hier ein BIld vom vorletzten Prozesstag, war vielleicht seine unangenehmste Rolle.

(Foto: dpa)
  • Ein Redakteur der Bild-Zeitung hat sich ein Video beschafft, das den Schauspieler beim Sex mit Prostituierten zeigt.
  • Ob dadurch Fischers "höchstpersönlicher Lebensbereich" verletzt wurde, wird vor Gericht aber nicht mehr geklärt.
  • Das Verfahren gegen einen Redakteur des Boulevardblatts wurde jetzt eingestellt.

Von Christian Rost

Der Bulle hier, die Bild dort: Sechs Jahre lang fochten der bekannte Schauspieler und Kabarettist Ottfried Fischer und die Bild-Zeitung einen zähen juristischen Kampf aus. Jetzt ist er vorbei: Am Donnerstag stellte die 25. Strafkammer am Landgericht München I das Verfahren gegen einen 35-jährigen Redakteur des Boulevardblatts ein. Wolf-Ulrich S. stand wegen des Vorwurfs der "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen" vor Gericht, weil er für seine Zeitung ein Video beschafft hatte, das Ottfried Fischer beim Stelldichein mit zwei Prostituierten zeigt.

Die Damen hatten den Film in Fischers Schwabinger Wohnung heimlich angefertigt und mithilfe zweier zwielichtiger Typen aus dem Rotlichtmilieu versilbern wollen. Bild zeigte sich interessiert und zahlte 3500 Euro an die Lieferanten, die schließlich vor Gericht landeten und verurteilt wurden. Als Fischer davon erfuhr, wer den peinlichen Streifen erworben hat, sah er sich genötigt, dem Blatt ein nicht minder peinliches Interview über sein Privatleben zu geben. Fischer befürchtete, Bild würde den Film ausschlachten, falls er nicht kooperiere.

Die Staatsanwaltschaft in Form des hartnäckigen Oberstaatsanwalts Kai Gräber hatte S. deshalb auch wegen Nötigung angeklagt. Beim Ritt durch die Instanzen vom Amts- übers Land- und hinauf zum Oberlandesgericht erreichte der Bild-Mitarbeiter in diesem Punkt aber einen klaren Freispruch. Hängen blieb bis zum Schluss noch der Vorwurf, dass er sich das Video mit höchstpersönlichen Bildaufnahmen überhaupt beschafft hatte.

Ottfried Fischer nahm an den insgesamt sechs Strafprozessen beziehungsweise Revisionsverhandlungen jeweils als Nebenkläger teil. Am Donnerstag erschien der an Parkinson erkrankte Schauspieler aber nicht mehr selbst am Landgericht. "Er ist frustriert von dieser Geschichte, er erspart es sich", richtete sein Anwalt Steffen Ufer aus. Fischer betrachte den Fall mittlerweile aus der satirischen Warte, nach dem Motto: "Bild hat das Video nur gekauft, um mich zu schützen."

Immerhin: An die Öffentlichkeit kam der Film nie, auch nicht Sequenzen davon, weshalb sich der Schaden in Grenzen hielt. Für Fischer war es aber eine Tortur nur zu wissen, dass das nicht unbedingt diskreteste Blatt auf dem deutschen Zeitungsmarkt über das Machwerk wacht. Schließlich hatten Boulevardzeitungen zuvor schon Fotos von ihm mit einer Geliebten gedruckt, die in früheren Zeiten ebenfalls anschaffen ging. Um den Boulevard und insbesondere der Bild Grenzen aufzuzeigen, entschloss er sich schließlich zur Strafanzeige.

"Nichts anderes getan, als gründlich zu recherchieren"

In den zurückliegenden Prozessen bekriegten sich der Staatsanwalt und Fischers Anwälte auf der einen Seite aufs Heftigste mit den Verteidigern von Wolf-Ulrich S. auf der anderen. Der Unterhaltungsredakteur wurde zudem von Mitarbeitern des Axel-Springer-Verlags unterstützt. Auch die heutige Chefredakteurin der Bild, Tanit Koch, gehörte zur Gruppe jener, die den Oberstaatsanwalt am Rande der Verhandlungen mit einem Bündel bohrender Fragen aus dem Konzept bringen wollten. Bild sah sich in nichts Geringerem als im Kampf für die Pressefreiheit.

Nach wie vor zürnt Claas-Hendrik Soehring, Leiter Medienrecht bei Springer, über die Ankläger: "Die Staatsanwaltschaft München hat über sechs Jahre hinweg auf absurde Weise versucht, einen Journalisten zu kriminalisieren, der nichts anderes getan hat, als gründlich zu recherchieren. Von den Vorwürfen aus 2010 ist nichts übrig geblieben", so Soehring in einer Stellungnahme. Bild bleibe der Auffassung, dass es für Journalisten weiterhin möglich sein müsse, Material zu sichten, ohne sich einer Strafverfolgung auszusetzen.

Das Gericht unter dem Vorsitz von Andreas Forstner neigte am Donnerstag ohnehin nicht dazu, S. zu verurteilen. Forstner meinte: "Herr S. hat sich das Video angeguckt, das hätte ich auch gemacht." Als Journalist habe er "schließlich wissen müssen, was drauf ist". Unter diesen Vorzeichen benötigte der Richter dann gerade einmal 15 Minuten, um die Prozessbeteiligten zu einer Einstellung des Verfahrens zu bewegen. Man könne sich dadurch ersparen, weiter durch die Instanzen zu streiten, so Forstner.

Die Einstellung knüpfte er allerdings an eine Bedingung: Wolf-Ulrich S. muss an die Münchner Regionalgruppe der Deutschen Parkinsonvereinigung 3500 Euro zahlen - also exakt so viel Geld, wie Bild für das Fischer-Video ausgegeben hatte. Das kann als Denkzettel verstanden werden, die Nase nicht zu tief in die Privatangelegenheiten Prominenter zu stecken.

S. akzeptierte die Geldauflage. Ein Verfahren am Bundesverfassungsgericht wegen der aus Sicht seines Arbeitgebers widerrechtlichen Hausdurchsuchung und Handybeschlagnahmung bei dem Redakteur läuft aber weiter.

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