Süddeutsche Zeitung

Prozess am Amtsgericht:Warum Facebook-Fotos nicht als Beweis reichen

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Von Ekkehard Müller-Jentsch

Lachende Gesichter in einer winterlichen Bergkulisse. Lachende Gesichter vor holländischen Windmühlen. Lachende Gesichter beim Stehpaddeln auf einem See bei München. Dank Facebook war ein geschiedener Münchner immer auf dem Laufenden, was seine Ex-Frau gerade unternahm. Der 42-Jährige kochte innerlich.

Denn bei fast allen Posts war ein anderer Mann mit auf den Bildern. An dem vermeintlichen Glück wollte sich der Münchner nicht auch noch mit 1700 Euro Unterhalt im Monat für seine frühere Frau beteiligen. Er ging vor Gericht. Doch Facebook-Bilder sind keine ausreichenden Beweise für eine neue eheähnliche Lebensgemeinschaft, musste er dort erfahren.

Ex-Mann will nicht länger Unterhalt zahlen

Die Eheleute waren 2013 geschieden worden. Die Frau bekam das Sorgerecht für die damals 14-jährige Tochter. Und man einigte sich auf eine monatliche Zahlung von 1700 Euro, da die Frau kein festes Einkommen hat. Doch damit sollte nach dem Willen des Geschiedenen nun Schluss sein: Seine Ex lebe mit dem neuen Mann in einer "verfestigten Lebensgemeinschaft", spekulierte er. Denn sie habe ihrem Freundeskreis tiefen Einblick in das neue Privatleben gegeben. Immer wieder stelle sie Bilder bei Facebook zur Schau, "die das glückliche Paar" zeigen: beim Radeln, am Milchstandl beim Tollwood-Festival, beim Skilaufen. Sie sei "glücklich", postete die Frau.

Als Bilder darauf hinwiesen, dass die mutmaßliche Patchworkfamilie auch das Weihnachtsfest gemeinsam verbracht hatte, meinte der Münchner, dass die Unterhaltsansprüche nun verwirkt seien. Allein das Auftreten in der Öffentlichkeit führe zur Annahme der "verfestigten Lebensgemeinschaft" - dafür spreche ihr "Auftreten als Paar". Somit seien weitere Unterhaltszahlungen "unzumutbar".

Die Frau bestritt das in dem Verfahren. Sie lebe nicht mit dem Herren zusammen, verbringe nicht regelmäßig ihre Nächte mit ihm und keiner habe persönliche Gegenstände in der Wohnung des jeweils anderen. Ihr Ex baue sich aus den Facebook-Postings ein falsches Bild zusammen, meinte die Frau, und ignoriere dabei die vielen Postings über andere Aktivitäten mit anderen Freunden und Freundinnen.

Keine "verfestigte Lebensgemeinschaft"

Die Beziehung zu dem anderen Mann solle nicht negiert werden, räumte sie ein, aber sie sei bei Weitem nicht so weit gediehen, wie es sich ihr Ex vorstelle - "oder möglicherweise wünschen würde". Rechtsanwalt Axel Dwyer sagte zum Ex-Ehemann: "Sie hätten lieber mal anrufen und fragen sollen, als sich über Facebook-Einträge in eine Besessenheit hineinzusteigern." Die beiden dürfen sich nach obergerichtlicher Rechtsprechung besuchen, gemeinsam Urlaub machen und sexuell miteinander verkehren.

Die Richterin sah sich die Facebook-Einträge an und befragte viele Zeugen. Dann stellte sie fest, dass es keine Beweise für die behauptete "verfestigte Lebensgemeinschaft" gebe. Die Frau konnte etwa nachweisen, dass sie Rechnungen von Urlaubsreisen für sich und ihre Tochter mit der eigenen Kreditkarte bezahlt hatte. Auch der vertraute und unkomplizierte Umgang miteinander und die eingeräumte sexuelle Beziehung seien noch kein besonderes Indiz für die behauptete Lebensgemeinschaft, sagte die Amtsrichterin.

Die Beweisaufnahme habe gezeigt, dass trotz aller Facebook-Postings die beiden bisher bewusst auf Distanz lebten, eigene Haushalte unterhielten und nicht gemeinsam wirtschafteten. Der Antrag des Ex-Ehemanns wurde daher abgewiesen.

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Quelle:
SZ vom 04.02.2016
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