Flüchtlinge:Warum Ersatz für die Bayernkaserne her muss

AFP PICTURES OF THE YEAR 2015

Die Diakonia betreibt die Kleiderkammer in der Bayernkaserne und stattet die Flüchtlinge in der Erstaufnahme aus.

(Foto: Christof Strache/AFP)
  • Die Bayernkaserne sollte nur ein paar Monate als Unterkunft für Flüchtlinge genutzt werden - nun ist sie seit Jahren in Betrieb.
  • Eigentlich soll das Militärareal abgerissen werden, einen Plan für ein Stadtquartier gibt es schon.
  • Noch gibt es keine Standorte, die die Bayernkaserne ersetzten könnten.

Von Inga Rahmsdorf

Als die Regierung von Oberbayern beschloss, Flüchtlinge in der Bayernkaserne unterzubringen, war das als Provisorium gedacht. Nur sieben Monate sollte das ehemalige Militärgelände in Freimann für die Erstaufnahme von Asylbewerbern dienen. Daraus sind mittlerweile mehr als fünf Jahre geworden. Auf dem Areal sind heute 1200 Asylbewerber für einige Wochen oder Monate untergebracht, außerdem wohnen dort etwa 450 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

In einem der ehemaligen Kasernengebäude hält die Stadt auch noch 1000 Schlafplätze für Obdachlose vor. Neben den Unterkünften und den Verwaltungseinrichtungen hat sich in der ehemaligen Kaserne eine beeindruckende Infrastruktur mit sozialen Projekten, medizinischer Betreuung, Freizeitangeboten und engagierten Helferkreisen entwickelt. Doch die Nutzung des gesamten Geländes ist zeitlich begrenzt.

Masterplan für ein neues Stadtquartier steht

Auf dem Areal zwischen Heidemannstraße und Helene-Wessel-Bogen soll ein neues Stadtquartier entstehen. Es gibt bereits einen Masterplan, die alten Kasernengebäude sollen abgerissen werden. Der Mietvertrag, den die Regierung von Oberbayern mit der Stadt München für die Erstaufnahmeeinrichtung geschlossen hat, läuft Ende dieses Jahres aus.

Noch aber durchlaufen in der Regel alle Asylbewerber, die München oder einer anderen oberbayerischen Kommune zugewiesen werden, zunächst die Station in der Bayernkaserne. Dort werden sie medizinisch untersucht, registriert und dann entweder in einem der alten Kasernengebäude untergebracht oder auf andere Dependancen oder Notunterkünfte verteilt. Unklar ist, wie es im nächsten Jahr weitergehen wird, wo die Flüchtlinge und die Einrichtungen dann untergebracht werden sollen.

Ende 2016 muss das Gelände geräumt sein

Die Antworten der Regierung von Oberbayern sind vage: "Wir bereiten eine Ausschreibung vor, um einen Nachfolgestandort zu finden", sagt eine Sprecherin. Von Vorprüfungen ist die Rede und von Überlegungen, dass die Nachfolge der Bayernkaserne auf einem "mehrgliedrigen System" beruhen soll. Der Nachfolgestandort werde möglicherweise kleiner ausfallen, andere Dependancen sollen künftig noch stärker genutzt werden.

Aber wo und wie? "Wir sind noch auf der Suche nach einem Standort", so die Sprecherin. Ein umfangreiches Vorhaben, wie die Regierung selbst zugibt. Und viel Zeit bleibt dafür nicht mehr, wenn die Stadt ihren Zeitplan nicht ändert, der vorsieht, dass Ende 2016 das Gelände geräumt werden muss. Dass es knapp werden könnte, hat nun offenbar auch die Regierung bemerkt und hat bei der Stadt um eine Verlängerung des Mietvertrags gebeten, um ein halbes Jahr. Eine Antwort steht noch aus.

Auf der Suche nach neuen Standorten

Flüchtlinge in der Bayernkaserne

1200 Flüchtlinge leben für eine begrenzte Zeit auf dem Gelände, dazu kommen noch einmal 450 unbegleitete Minderjährige.

(Foto: Tobias Hase/dpa)

Auch die Stadt kann noch keine konkreten Nachfolgestandorte vorweisen. Es seien in nächster Zeit Abstimmungsgespräche zwischen allen beteiligten Referaten und der Regierung von Oberbayern geplant, sagt Ottmar Schader, Sprecher des Sozialreferats. Dabei soll geklärt werden, in welchen Bauabschnitten das neue Stadtquartier errichtet und die bestehenden Gebäude weichen müssen. Es geht dabei nicht nur um die Erstaufnahme der Regierung, sondern auch um die Einrichtungen der Stadt. Sie ist verantwortlich für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sowie das Kälteschutzprogramm.

Vor allem der nördliche Teil des 48 Hektar großen Geländes wird für Unterkünfte und Einrichtungen für Flüchtlinge genutzt. Erst vor einem halben Jahr haben der Kreisjugendring eine Freizeitstätte und die Innere Mission ein Family House dort errichtet. Und die Stadt hat den Gebäudekomplex Nummer zwölf gerade für ihr Kälteschutzprogramm umbauen lassen, um die Kapazitäten aufzustocken.

Nutzung über den Stichtag hinaus?

Offenbar rechnet sie damit, das Gebäude auch noch länger nutzen zu können. "Wir gehen davon aus, dass die Unterkünfte des Kälteschutzprogramms auch noch im Winter 2016/2017 zur Verfügung stehen", so Schader. Aus Sicht der Stadtplaner könnten die Einrichtungen bis Mitte 2017 auf dem Gelände der Bayernkaserne bleiben, ohne den Zeitplan für den Bau des neuen Stadtquartiers zu beeinträchtigen, sagt Thorsten Vogel, Sprecher des Referats für Stadtplanung und Bauordnung.

Mit der Wohnbebauung öffnet sich dann ein Areal, das vielen zwar als Bayerkaserne ein Begriff ist, das aber nur wenige selbst kennen. Umgeben von Mauern, muss man erst einen der beiden Wachposten passieren, um es betreten zu können. Die Sicherheitskontrollen sollen vor allem die Flüchtlinge vor fremdenfeindlichen Übergriffen schützen. Mehrmals in der Vergangenheit stand die Bayernkaserne mit negativen Schlagzeilen in der Öffentlichkeit.

Viele Flüchtlinge kommen aus den Dependancen

Im Sommer 2014 war sie so überlaufen, dass die Regierung Feldbetten in Militärgaragen mit undichten Dächern aufstellen ließ. Wenige Monate später brach die Verwaltung zusammen und die Zustände waren so chaotisch, dass Flüchtlinge draußen schlafen mussten. Die Einrichtung wurde zu einem Symbol für das Versagen der bayerischen Asylpolitik. Erst Oberbürgermeister Dieter Reiter beendete den Zustand, obwohl er eigentlich nicht zuständig für die Einrichtung ist, und ließ die Bayernkaserne für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge schließen.

Seitdem hat sich einiges getan. Dank vieler Freiwilliger, der Wohlfahrtsverbände und des Kreisjugendrings hat sich die Bayernkaserne zu einer Art Vorzeigeprojekt gewandelt. Es ist bei Weitem nicht alles ideal für die Menschen dort, aber es gibt immerhin umfangreiche Unterstützung und viele Anlaufstellen. Freiwillige bieten Deutschkurse und Ausflüge an, die Diakonia verteilt Kleidung, eine Hebamme kommt regelmäßig, die Refudocs sorgen für eine unkomplizierte medizinische Betreuung, es gibt einen Gebetsraum und eine Beratungssprechstunde für Schwangere und Mütter. Nicht nur die Bewohner des Geländes nutzen diese Angebote, auch viele andere Flüchtlinge, die in einer der Dependancen untergebracht sind, kommen dafür in die Bayernkaserne.

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So ist die Bayernkaserne organisiert.

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