Süddeutsche Zeitung

Protest vor dem Sozialministerium:Asylbewerber drohen mit "Stufe Zwei"

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"Wir wollen uns integrieren": Seit fünf Tagen übernachten Asylbewerber aus Böbrach vor dem Sozialministerium im Freien. Nun haben sie angekündigt, im Notfall sogar bis Ende des Jahres zu bleiben. Sollte das Ministerium nicht bis Mittwoch einlenken, wollen sie ihren Protest verschärfen.

Von Karin Geupel

Mit Mützen und dicken Jacken sitzen sie auf dem Bürgersteig vor dem bayrischen Sozialministerium in München-Maxvorstadt, die sechs Flüchtlinge aus dem Senegal. Seit vergangenem Donnerstag übernachten sie nun schon gemeinsam mit wechselnden Unterstützern vor dem Ministerium - und protestieren damit gegen ihre Unterbringung in einer entlegenen Flüchtlingseinrichtung im niederbayerischen Böbrach.

"Wir wollen uns integrieren, wir wollen am Leben anderer Leute teilhaben und dafür bleiben wir hier sitzen, egal wie das Wetter ist. Zurück gehen wir nicht", sagen die Asylbewerber bei einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag. Ursprünglich sollte der Protest am Montagabend enden, doch nun haben die Flüchtlinge angekündigt, dass sie im Notfall bis Ende des Jahres bleiben wollen.

Angemeldet haben sie das beim Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) bereits. Die erste Mahnwache hatte das KVR genehmigt, allerdings alle Gegenstände, die an eine häusliche Einrichtung erinnern, verboten. Schlafsäcke etwa sind deshalb trotz der Kälte nicht erlaubt. Das wird auch so bleiben, heißt es beim KVR.

Die neue bayerische Sozialministerin Emilia Müller hatte bereits am Wochenende auf einen offenen Brief der Protestierenden geantwortet: Sie hält eine Unterbringung von Asylbewerbern an jedem Ort in Bayern für zumutbar. Die Männer haben dafür nur ein Kopfschütteln übrig: "Frau Müller weiß nicht wovon sie spricht. Die Bilder, die in den Zeitungen vom Heim zu sehen waren, stammen vom Bürogebäude. Die Unterkünfte sehen nicht so aus. Frau Müller würde da auch nicht wohnen wollen."

Am Montag hatten zudem zwei Mitarbeiter des Ministeriums die Flüchtlinge besucht, doch auch sie lehnten das Gesuch ab. Bis zum morgigen Mittwoch geben die Asylbewerber dem Ministerium noch Zeit für eine positive Antwort, "dann gehen wir über zu Stufe Zwei", heißt es bei der Pressekonferenz am Dienstag. Was das genau bedeutet, wollten die Senegalesen noch nicht sagen, nur: "Wir behalten uns weitere Maßnahmen vor, aber wir bleiben friedlich."

Von einem Hungerstreik spricht erst einmal niemand. Seit im Sommer Flüchtlinge auf dem Rindermarkt Essen und Trinken verweigert hatten, ist man in München alarmiert. Solange die Protestaktion am Sozialministerium aber nicht in ein echtes Camp ausarte, werde die Polizei nichts unternehmen, sagt ein Sprecher. Damit bleibt am Sozialministerium also erst einmal alles, wie es ist.

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