Protest gegen Investorenpläne:"Wollen Sie aus Obersendling vollends eine Betonwüste machen?"

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Ein solches Bild wollen die Anwohner der Koppstraße verhindern. (Foto: Florian Peljak)

Weil an der Koppstraße für ein Neubauprojekt auf einem Firmengelände fünf stattliche Bäume gefällt werden sollen, gehen die Anwohner auf die Barrikaden

Von Jürgen Wolfram, Obersendling

In Unternehmerkreisen ist das Anwesen Koppstraße 4 im Gewerbegebiet nördlich der Neubausiedlung "Südseite" eine klangvolle Adresse: Dort hat die Elektrotechnik-Firma Widmaier ihren Sitz. Auf dem weitläufigen Grundstück soll ein Neubau mit Geschäften und Büros entstehen, was in diesem Teil Obersendlings eigentlich kein größeres Aufsehen erregen sollte. Wenn, ja wenn zur Realisierung der Pläne nicht, wie so oft in solchen Fällen, wertvolle Bäume gefällt werden müssten.

Die Anwohner und Mitglieder eines Verwaltungsbeirats aus der Koppstraße 26-34 sind deshalb bereits auf den Barrikaden. Sie protestieren "auf das Schärfste" gegen die drohenden Abholzungen und mahnen Behörden sowie Politiker, "auf den Investor einzuwirken", damit dieser sein Vorhaben "modifiziert und ein maximaler Baumerhalt ermöglicht wird".

Auch der Bezirksausschuss (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln hat sich mit dem Projekt kritisch auseinandergesetzt, schlägt jedoch weniger scharfe Töne an. Für den Fall, dass geschützte Bäume tatsächlich weichen müssen, fordern die Lokalpolitiker "Ersatzpflanzungen von Bäumen der Wuchsklasse 1", also der höchsten Kategorie. Diese Gehölze müssten "im Straßenbild und in ihrer ökologischen Bedeutung den gefällten Bäumen entsprechen". Kleinere Abweichungen vom Bebauungsplan, Notausgänge und Feuertreppen betreffend, fand das Gremium weniger problematisch. Der Investor wiederum beteuert, ohne die beantragte Fällung von fünf wuchernden Bäumen sein Baurecht nicht ausschöpfen zu können.

Im BA wurden indes Zweifel laut, ob Baumschutz der Stadt München überhaupt noch ein Anliegen sei. Allzu oft würden Laub- und Nadelhölzer zugunsten von Bauvorhaben kurzerhand wegrasiert, und das in Zeiten der Klimakrise. Darüber echauffierte sich besonders Nicole Bartsch (Grüne). "Bäume sind zu erhalten", forderte sie kategorisch. Die Formel "Baurecht bricht Baumrecht" sei längst nicht mehr zeitgemäß. Michael Kollatz (SPD) immerhin hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. "Unser Beschluss kann auch heißen, dass wir an der Koppstraße am Ende mehr Bäume haben als bisher", sagte der Sprecher des BA-Unterausschusses Bau und Planung. Die Anwohner um ihre Sprecher Silke Menke und Volker Widmann klingen weniger versöhnlich.

"Wollen Sie aus Obersendling vollends eine Betonwüste machen?", fragen sie in einer schriftlichen Erklärung. In ihrem Viertel seien schon "viel wertvoller Grünraum versiegelt" und "unzählige Bäume" gefällt worden. "Kümmerliche Neupflanzungen" seien dafür kein Ersatz. Wenn überhaupt, müssten sie nach einem "Schlüssel von mindestens eins zu fünf" vorgenommen werden. Nicht zuletzt liege es auch im Interesse des Investors, den wertvollen Bestand zu erhalten. Denn dieser steigere den Immobilienwert.

© SZ vom 13.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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