Protest gegen den "Cotton Club":Schlimmer als die Wiesn

Stefan Marquard (Kopftuch) und Holger Stromberg.

An Bord bei der Dinnershow "Cotton Club": die Köche Stefan Marquard und Holger Stromberg.

(Foto: Stephan Rumpf)

"Das wird eine richtig geile Show" - sagt der Produzent. Das wird viel zu laut, fürchten die Nachbarn. Sie wollen die neue Dinnershow "Cotton Club" im Münchner Ungererbad verhindern - und drohen mit einer Klage.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Heute noch Freibad! Morgen schon Dinnershow!" Viele Nachbarn des Ungererbades hat diese Ankündigung wie ein Keulenschlag getroffen. Drei Eigentümergemeinschaften haben sich mittlerweile zusammengetan, um das geplante Kochshow-Event "Cotton Club" in dem Freibad zu verhindern - drei Anwohner treten quasi als "Musterkläger" auf.

Am 6. November soll das Spektakel beginnen und 100 Abende lang für mindestens je 450 Gäste die "Roaring Twenties" auf die Bühne eines Zeltpalastes bringen. Der Frankfurter Produzent Matthias Hofmann verspricht: "Das wird eine richtig geile Show." Die Anlieger befürchten dagegen unzumutbare Lärmbelästigung. Ihr Rechtsanwalt Alfred Braun wirft der Stadt dazu vor, mit der Vermietung des Bades rechtswidrig zu handeln.

In Anspielung auf den legendären New Yorker Cotton Club in den Zwanziger- und Dreißigerjahren, der als Geburtsstätte der Karrieren von Weltstars wie Louis Armstrong, Duke Ellington und Ella Fitzgerald gilt, will es der Veranstalter nicht nur kulinarisch krachen lassen. Schießereien zwischen rivalisierenden Mafia-Clans, die damals an der Tagesordnung waren, sollen in der Revue nachempfunden werden: So würden während der Show Ganoven das Zelt stürmen und schießen, heißt es.

Die Bewohner des kaum 100 Meter entfernt stehenden zwölfstöckigen Wohnhauses mit 100 Wohnungen finden das überwiegend nicht lustig. Den Geräuschpegel des Bades zu den üblichen Öffnungszeiten im Sommer bis täglich 20 Uhr akzeptierten sie gerne. Aber in der kalten Jahreszeit zwischen Oktober und April genießen sie auch gerne die Ruhe eines Parks in dem dann beschaulichen Wohngebiet.

Das haben sie auch schon vor sechs Jahren deutlich gemacht, als sie dem "Kino am Pool" im Ungererbad den letzten Vorhang bescherten. Anwohner hatten angedroht, gegen die Stadtwerke München (SWM) als Grundstückseigner und Vermieter Klage zu erheben. Jetzt könnte es bald wieder soweit sein.

Vier Monate an sechs Tagen die Woche bis 1 Uhr Krach

Anwalt Braun hat seine rechtlichen Bedenken nicht nur dem Veranstalter und den Stadtwerken vorgelegt, sondern auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Bürgermeister Josef Schmid (CSU), dem Umwelt- sowie dem Kreisverwaltungsreferat. "Selbst das Oktoberfest dauert nur zwei bis höchstens drei Wochen und ist um 22 zu Ende", sagt er. Der Cotton Club solle dagegen über vier Monate an sechs Tagen in der Woche, insbesondere auch an Wochenenden, abends bis 24 Uhr dauern. Bis die Gäste abgefahren sind, würde es 1 Uhr. Solch eine Vergnügungsstätte sei baurechtlich nur in einem Kerngebiet zulässig. "Das Ungererbad stellt zudem bauplanungsrechtlich eine Grünfläche dar, umgeben von allgemeinen Wohngebieten - eine Eventveranstaltung ist somit in keinem Falle zulässig", sagt Braun.

Die Stadtwerke dürften das Grundstück ausschließlich für den öffentlich-rechtlichen Zweck des Badebetriebes nutzen. Wenn die Stadt die Veranstaltung dort genehmige, liege also eine Amtspflichtverletzung vor. Der Anwalt und die Nachbarn weisen auch darauf hin, dass das Zelt zuerst auf der Brache an der Ecke Zschokke- und Westendstraße aufgestellt werden sollte. "Da kriegen wir Mordsärger mit den Anwohnern", hatte dann aber der Bezirksausschuss Laim festgestellt und die Veranstaltung abgelehnt.

Oberbürgermeister Reiter verweist die protestierenden Anlieger auf die noch laufenden Genehmigungsverfahren sowie eine schalltechnische Untersuchung, die gerade dem Umweltreferat vorgelegt worden sei. Auch die Stadtwerke wollen dem noch laufenden Genehmigungsverfahren "nicht vorgreifen" - das Lärmgutachten zeige aber schon, dass die zulässigen Grenzwerte eingehalten würden. Und der Veranstalter verweist auf Lärmschutz durch die "doppelwandige und gedämmte Außenhaut sowie die druckluftgepolsterte Dachkonstruktion". Auch die Ausrichtung der Bühne und die Lage des Zeltes werde "eine unangenehme Immission verhindern".

Die Nachbarn wollen, sollte der Cotton Club genehmigt werden, zunächst die Regierung von Oberbayern als städtische Aufsichtsbehörde auffordern zu prüfen, ob die Stadt rechtmäßig gehandelt habe. Und dann könnte der Fall vor Gericht landen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: