Protest an den Unis:Studenten machen wieder mobil

Münchner Studenten sind wieder auf der Straße: Sie demonstrieren gegen Studiengebühren und Kürzungen durch die Krise.

Martin Thurau

Stramme Beats wummern, das passt gut zum Gleichschritt, in dem die Playmobil-Figuren durch das YouTube-Video marschieren, und zum Takt des Fließbandes, an dem sie als Konfektionsware zugerichtet und reichlich viele aussortiert werden. Die restlichen wackeln danach ohne Kopf hinaus in die Welt. Eine Allegorie auf Schule und Hochschule, auf Missstände im Bildungswesen soll das sein, auf "soziale Schranken, rücksichtslose Auslese, Massenabfertigung". Die Botschaft ist klar: "Protest hilft! Protest jetzt!" So jedenfalls bewerben Münchner Aktivisten den Bildungsstreik in der kommenden Woche und ein sogenanntes Bildungscamp vor der Universität (LMU). Am Ende formieren sich auf YouTube die Playmobil-Figuren hinter dem Banner mit der Aufschrift "radikal vernünftig" zum Demonstrationszug.

Protest gegen Studiengebühren in München, 2010

Bereits Anfang Mai demonstrierten Studenten auf dem Geschwister-Scholl-Platz vor der Ludwig-Maximilians-Universität gegen die Studiengebühren.

(Foto: sz.lokales)

Die Protestaktionen unter dem Label des Bildungsstreiks haben in München bereits Tradition, auch ein Camp gab es schon. Im letzten Jahr zogen in München an die 10000 Schüler und Studenten durch Schwabing und die Maxvorstadt, bundesweit gingen gar nahezu 200000 auf die Straße. Im Winter besetzten Aktivisten in Dutzenden Städten Hörsäle, in München war das Audimax der LMU wochenlang okkupiert. Auch die Proteste in diesem Sommersemester könnten für eine turbulente Woche sorgen, vor allem an der LMU, wenngleich unter anderen auch die Studierendenvertretungen von Technischer Universität (TU) und Hochschule München mobilisieren.

Die Studentenvertreter sehen die Proteste als eine logische Fortsetzung der Aktionen im Winter. Schließlich, so sagt Quirin Schartner, einer der Organisatoren des Bildungscamps, stünden viele der Forderungen weiterhin auf der Agenda: die Abschaffung von Studiengebühren und überhaupt ein "freier Zugang zur Bildung in jeder Form" etwa, mehr Mitbestimmung für Studenten und die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems. Lediglich bei den Korrekturen bezüglich der Bologna-Reform sei "bereits einiges erreicht", sagt Schartner. So hätten die Hochschulen begonnen, Prüfungsdruck, Überreglementierung und Verschulung im neuen Studiensystem abzubauen. Angesichts der Debatte um die Euro-Krise geht unter den Studenten die Angst vor drastischen Kürzungen auch an Schulen und Hochschulen um. "Im Bereich Bildung aber gibt es einfach kein Sparpotential", warnt Schartner.

Im Camp auf den Geschwister-Scholl- und Professor-Huber-Plätzen gibt es neben Musik und Kabarett zahlreiche Workshops. Das Themenspektrum reicht von der "kläglichen Rolle des Wissens im Kapitalismus", "Open Access" oder "Anarchismus reloaded" bis hin zu Diskussionen über "Verfasste Studierendenschaft", Bologna-Reform und die Rolle des Lehrers. Für Mittwoch, 12 Uhr, ist die Großdemonstration vom Geschwister-Scholl-Platz aus geplant - parallel zu Kundgebungen in einer Reihe weiterer Städte. Und damit nicht genug des Protestes: Schon in dieser Woche wollen Studenten mit einem Boykott des MVV ein Zeichen für das vor kurzem wieder einmal gescheiterte Semesterticket setzen.

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