Franz Xaver Kroetz, Autor und Schauspieler: Biergärten sind für mich ein Ort des Schreckens; ich bin ein eingefleischter Einzelgänger und im Biergarten muss man als Masse, wenigstens als Gruppe auftreten. Ich krieg schon von weitem, wenn ich einen vollen Biergarten lachen, grunzen, schreien, saufen hör, Angst; Platzangst. Dazu kommt, dass ich als Semi-Promi immer in Gefahr bin, geoutet zu werden.
Das hat mir auch, ein paar Jahre ist's her, endgültig den Appetit verdorben. Ich hab mich überreden lassen und war mit Bekannten im Augustiner-Biergarten. Nach zwei Maß musste ich aufs Klo. Im Pissoir hab ich grad meinen Laden geöffnet, da ruft es hinter mir: ,,Gell, aa da Baby muaß hin und wieda sei Hosn obelassn.'' Ich dreh mich erschrocken um. ,,Denk da nix, i hob dein Schwanz scho im Fernsehn gseng, wiasd ausm Bett von da Mona krabbelt bist, in Paris seids gwen, gell?'' - Mehr sagt er nicht, er stellt sich neben mich und pinkelt einen Strahl ins Urinal, der mich vor Neid erblassen lässt. Bei mir kommt nichts mehr, kein Tropfen. Gedemütigt zieh ich den Schwanz ein und flüchte unverrichteter Dinge.
Da ich wie fast alle Künstler auch an Verfolgungswahn leide, trau ich mich nicht mehr aufs Klo, sondern sitz mit voller Blase da und trink zur Kompensation nichts mehr. Man redet mich blöd an, ich grantel zurück. Ich bin unglücklich und nüchtern. Halt's eine Stunde aus und geh dann zum Hauptbahnhof; zum Pinkeln. In einen großen, vollen Biergarten bringen mich keine zehn Pferde mehr. Aber bei mir daheim, an der Alz bei Altenmarkt, da gibt's einen kleinen, idyllisch in die Landschaft gestreuten Biergarten, der heißt ,,Beim...'' - ja so blöd werd ich sein und das hier verraten!!! Den mag ich, und wenn ich da hinkomm, bin ich der Franz und nicht der Baby. Tipp: Mit dem Radl hinfahren und mindestens drei Maß trinken: Der Rückweg wird so lang, dass man in den Haxn die Unendlichkeit spürt.