Programmkino:Das Eldorado-Kino macht zu - weil die Fans zu träge sind

Programmkino: Das Programmkino Eldorado schließt seine Pforten.

Das Programmkino Eldorado schließt seine Pforten.

(Foto: Stephan Rumpf)

Siegt wieder einmal der Kommerz über die Kunst, wenn nun auch das kleine Eldorado schließen muss? Wer so argumentiert, macht es sich zu einfach.

Kommentar von Susanne Hermanski

Das nächste Programmkino muss schließen. Nach dem Türkendolch, dem Tivoli, dem Filmcasino und dem Atlantis geht jetzt auch noch das Eldorado unter. Das Marmorhaus, das Stachus-Kinocenter gibt es auch schon lang nicht mehr. Perdu, all die kleinen und die großen Bildertempel unserer Jugend.

Wie gerne würde man an dieser Stelle nun als Kommentator das Flammenschwert schwingen wider die böse Schlange Konsum, die alles gierig wegfrisst, was im Herzen der Stadt mit der hohen Kunst der Leinwand und der einstigen typischen Lebensart in der Münchner Altstadt zu tun hat. Die, ach, noch so viel Charme hatte wie der Monaco Franze und Witz wie ein Herbert Achternbusch.

Ja, rasend könnte man werden vor Wut, wenn man bedenkt, dass im Jahr nach der Eröffnung des Eldorado, 1972, sogar Stanley Kubrick die Anreise auf sich genommen hat, um sein gesellschaftskritisches "Clockwork Orange" an der Sonnenstraße zu starten.

Doch was steigt stattdessen in unsereinem auf? Das schlechte Gewissen. Wann hat man selbst das letzte Mal seinen Fuß ins Eldorado gesetzt und sich vom Sofa erhoben, um die neueste Arthouse-Perle dort raufzutauchen? Wer sollte sonst diesen Weg in dessen schlichte, unspektakuläre Kellerräume auf sich nehmen?

Soll man dieses Versäumnis einer Generation von Kinogängern ankreiden, die sich mit ihrer Posse lieber auf der Straßenseite gegenüber trifft? Die verdrückt dort zwar gern ihre Mega-Portion Nachos zu einer flotten Superhelden-Komödie, aber was sollte sie mit einem Kino anfangen, das heißt wie ein oller Goldgräber-Western? Dessen Name mit einer Verheißung spielt, die von einer unbekannten Welt ausgeht, dem Land der Leinwandträume, ja vom Paradies? Das kann man wohl schwerlich erwarten in einer globalisierten Zeit, da Geheimnis und Exotik nicht mehr in der Ferne liegen.

Siegt nun also der Goldrausch eines Klamottenketten-Betreibers über die Filmkunst, wenn der mit seinem Geschäft ins Eldorado einzieht? Nein. Was siegt, ist das Phlegma derer, die zwar gute Nostalgiker, aber schlechte Kinogänger sind. Hohe Filmkunst wird es freilich immer weiter geben. Denn schon seit die Bilder Laufen lernten, gehen sie ihrer eigenen Wege. Demnächst flackern sie ja vielleicht schon als interessante Videokunst durch einen neuen Club. Der könnte jetzt doch samt vieler junger Tänzer dort einziehen, wo das Eldorado notgedrungen Platz macht.

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