Privatbrauerei in München:Raus aus der Garage

Privatbrauerei in München: Im neuen Gebäude hat die Giesinger Brauerei mehr Platz.

Im neuen Gebäude hat die Giesinger Brauerei mehr Platz.

(Foto: Robert Haas)

Die Giesinger Biermanufaktur ist von einem Hinterhof in der Birkenau in das frühere Umspannwerk an der Martin-Luther-Straße gezogen - und kann den Bierausstoß um ein Vielfaches erhöhen. Doch die Professionalisierung bringt auch einen Abschied mit sich.

Von Franz Kotteder

Jetzt im Nachhinein findet er es selbst ein bisschen komisch. "Eigentlich hätten wir ja schon im Mai umziehen wollen", sagt Steffen Marx, Geschäftsführer der Giesinger Brauerei, "aber dann mussten wir jeden Monat einen neuen Umzugstermin auf unsere Homepage schreiben. Das fanden manche ziemlich lustig." Aber es kam halt einfach immer wieder was dazwischen, wie das so ist, wenn ein Gebäude umgerüstet wird für einen neuen Zweck.

Mal mussten die Fundamente komplett erneuert werden, damit sie die schweren Stahltanks auch tragen konnten, denn eigentlich war das Gebäude in der Martin-Luther-Straße 2 ja mal ein Umspannwerk der Stadtwerke. Und es ist zum Beispiel auch vorgekommen, dass diese neuen Stahltanks um exakt zwei Zentimeter nicht durch die Tore passten. Steffen Marx: "So exakt kann man das vorher unmöglich ausmessen - und dann stehst du halt da und hast ein Problem."

Jahresausstoß von 15000 Hektolitern

Die Probleme ließen sich dann freilich nach und nach alle lösen. Und so kann die "Giesinger Biermanufaktur & Spezialitäten Braugesellschaft mbH", wie sie ganz korrekt heißt, nun also endlich die Einweihung ihrer neuen Braustätte an der Martin-Luther-Straße feiern. Eigentlich handelt es sich dabei fast um eine Neugründung. Denn statt der 1900 Hektoliter am alten Standort in der Birkenau 5, von den Brauern liebevoll "die Garage" genannt, kommt man jetzt auf einen maximalen Jahresausstoß von 15 000 Hektolitern.

Brauereien in München - Giesinger Bräu im ehemaligen Umspannwerk

Nach ihrem Umzug wollen die Giesinger jetzt richtig loslegen: Sie können ihren Bierausstoß auf maximal 15000 Hektoliter im Jahr erhöhen - und brauen nach wie vor ihr unfiltriertes Bier.

"Das wäre dann die erste Neugründung einer Braustätte in München seit dem Thomasbräu", sagt Lukas Bulka, der Leiter des Münchner Bier- und Oktoberfestmuseums, der beim ersten Brauereirundgang schon kraft Amtes nicht fehlen darf. Die Gründung des Thomasbräu ist allerdings auch schon eine ganze Weile her: 1889 war das, als die Brüder Eugen und Ludwig Thomas am Kapuzinerplatz ihre Brauerei eröffneten. Später fusionierte sie mit der Paulaner-Brauerei.

Zweitgrößte Privatbrauerei Münchens

125 Jahre später ist also jetzt "die zweitgrößte Privatbrauerei Münchens nach Augustiner" (Marx) am Start. 20 Gär- und Lagertanks stehen am neuen Standort zur Verfügung, 3,8 Millionen Euro haben die Giesinger Brauer investiert, fast zwei Drittel der Summe kommen von der Bank, der Rest wurde durch Eigenkapital und auch ein bisschen Crowdfunding aufgebracht. "Unser Ziel ist ein Prozent Marktanteil in München", sagt Steffen Marx und grinst. Es ist schon klar, dass sie mit den Großen in der Stadt nie und nimmer konkurrieren können: "Paulaner hat einen Jahresausstoß von etwa 3,5 Millionen Hektoliter, Augustiner etwa 1,3 Millionen, wir bislang knapp 2000."

Trotzdem: Jetzt macht man natürlich einen gewaltigen Schritt nach vorne. Nach wie vor brauen die Giesinger unfiltriertes Bier, ohne es zu erhitzen, unpasteurisiert nennt sich das. Als einzige Münchner Brauerei verwendet die Giesinger zum Teil auch offene Gärtanks, in denen obergärige Sorten, wie etwa Weißbier, hergestellt werden. Vier Sorten sind ständig im Sortiment: Helles, Weißbier, Dunkles und Märzen, dazu kommen zwei weitere Sorten, die aber von Saison zu Saison unterschiedlich sind.

Ende der Bügelflasche

Es gibt aber auch Veränderungen, auf die Fans möglicherweise empfindlich reagieren könnten. So wird die beliebte Bügelflasche abgeschafft, die Freisinger Abfüllanlage ist darauf nämlich nicht eingestellt. Und von Hand, wie bisher, lässt sich das mit den neuen Mengen nicht mehr bewerkstelligen. Außerdem lässt sich mit der Handabfüllung nur eine Haltbarkeit von vier Wochen erreichen, während die maschinelle Abfüllung drei Monate Haltbarkeit ermöglicht. "Die will der Einzelhandel unbedingt haben", sagt Geschäftsführer Steffen Marx.

Bei aller Professionalisierung, die auch drei neue Arbeitsplätze und drei neue Ausbildungsstellen mit sich bringt, will man aber auch eine Brauerei fürs Viertel bleiben. Nach wie vor kann sich der Endverbraucher sein Bier direkt bei der Brauerei abholen, sei es im Fass oder im Träger. Und ganz nebenbei bekommt Giesing jetzt auch noch eine neue Wirtschaft, denn was wäre eine Brauerei ohne Bräustüberl?

Neues Bräustüberl

Es liegt im ersten Stock mit Blick auf die Sudkessel, hat 70 Plätze an schönen, recht massiven Ahorntischen und Eichenstühlen, die sicher noch gemütlicher werden, wenn sie mal ein bisschen abgewohnt sind. Im Sommer gibt es draußen noch einmal 70 Plätze im Biergarten.

Die offizielle Eröffnung ist für Dienstag, 25. November geplant. Von da an soll das Bräustüberl dann "von elf bis elf", also von 11 bis 23 Uhr aufhaben, freitags bis sonntags geht es sogar schon um 10 Uhr los, montags ist Ruhetag. Dirk Lutomsky und Sebastian Goltsche-Wenz, die beiden Köche, setzen auf altbayerische Hausmannskost, Böfflamott steht zum Beispiel auf der Karte, oder eine Bauernente und "Zweierlei vom Spanferkel", aber auch Dinge, die bei der Bierproduktion eine Rolle spielen.

So wird es etwa einen speziellen Hopfenkäse geben und "Treberfladen", eine Art Flammkuchen. Biertreber fällt pro Jahr tonnenweise an in einer Brauerei. Auch hier sitzt man also im Giesinger Bräustüberl direkt an der Quelle.

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