Süddeutsche Zeitung

Kritik:Anmutig hüpfend

Das Münchener Kammerorchester eröffnet die Saison - und wird im Prinzregententheater bejubelt.

Von Andreas Pernpeintner, München

Mit diesem Konzert im Prinzregententheater feiert das Münchener Kammerorchester seine Saisoneröffnung - und vor fast vollem Haus die Rückkehr zu echter Konzertatmosphäre. Das Publikum jubelt, das Orchester belohnt dies mit der überaus hübschen Ouvertüre zur Oper "Die Königin der schwarzen Inseln" des Mozart-Zeitgenossen Anton Eberl. Dirigent Clemens Schuldt hüpft zur geschmackvoll affektreichen Musik anmutig, und das Orchester antwortet mit formidabler Prägnanz.

Ein denkbar großer Kontrast zu dieser Tonsprache ist Thomas Adès' "Shanty - Over the Sea". Das Orchester ist bei diesem Auftragswerk auf ein Streicherensemble reduziert. Leise, drehleierartige Klänge schweben heran, von Glissandi und Pizzicato-Impulsen durchsetzt. Dünne Melodiefäden werden locker umeinander geschlungen. Trotz folgender Klangverdichtung ist das Fragile das zentrale Moment dieses präzise dargebotenen Stückes.

Kraftvoll, schlank und pointiert

Adès' "Lieux retrouvés" mit dem Cellisten Steven Isserlis knüpft daran zunächst an. Dann aber folgt ein herb pulsierender zweiter Satz. Eine Bergwanderung sei hier klanglich eingefangen, berichtet das Programmheft. Das wäre dann eine beschwerliche Tour. Zauberhaft aber ist der in seiner melodischen Reduktion anmutige dritte Satz, "Les champs". Die Figuration ist denkbar einfach. Doch in diesem Elementaren liegt großer Reiz: Wie sich die Töne des Solo-Cellos in unwirkliche Höhen aufschwingen (bis nur wenige Zentimeter Saitenlänge übrigbleiben), ist wunderschön. Die Spielfreude, die das Orchester und vor allem Isserlis anschließend beim virtuosen, trocken rabiaten vierten Satz an den Tag legen, ist mitreißend.

Nach der Pause kehrt das Kammerorchester mit Beethovens Erster Symphonie musikgeschichtlich in die Eberl-Zeit zurück, und es ist ein Genuss, wie kraftvoll, schlank und pointiert dabei musiziert wird. Noch größerer Applaus als am Anfang - und ein würdiger Rahmen für die Verabschiedung der beiden langjährigen Orchestermitglieder Peter Bachmann und Kelvin Hawthorne.

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