Premiere in der Partei:Münchner CSU startet Euro-Befragung

Erstmals in der Geschichte will die Münchner CSU die Mitglieder zu politischen Themen befragen: Sie sollen sich zur Schuldenkrise und zur EU äußern. In der Partei sind deswegen heftige Diskussionen entbrannt.

Silke Lode

Die Münchner CSU will erstmals in der Geschichte der Partei die Mitglieder zu politischen Themen befragen. Das hat der Bezirksvorstand am Donnerstag beschlossen. Auf eine genaue Fragestellung hat sich die CSU noch nicht festgelegt. Bezirkschef Ludwig Spaenle sagte, die Fragen an die 6500 Münchner CSU-Mitglieder würden sich "um die Weiterentwicklung der EU, zum Beispiel weitere Beitritte" drehen sowie "um die Verankerung von plebiszitären Elementen im Umgang mit der Schuldenkrise im Euro-Raum". Auf den Wortlaut will sich der Bezirksvorstand bei seiner nächsten Sitzung in drei Wochen festlegen.

Die Münchner CSU macht damit erstmals Gebrauch von einer im Jahr 2010 beschlossenen Änderung der Parteisatzung, mit der Mitgliederbefragungen eingeführt wurden. Den Vorschlag für die Mitgliederbefragung hatte Bezirksvize Georg Eisenreich erarbeitet. Er hofft, der Münchner Beschluss werde dazu führen, dass Ministerpräsident Horst Seehofer Volksentscheide schneller in das Programm der CSU aufnimmt.

Während der Bezirksvorstand einstimmig dafür votierte, in München eine Mitgliederbefragung zu testen, war der Inhalt der Befragung Gegenstand einer kontroversen Debatte. Eisenreich hält den Euro-Rettungsschirm für zu weit gehend. Um den Euro stabil zu halten, solle Griechenland den Euro-Raum verlassen und zur Drachme zurückkehren. "Für eine solche Position gibt es aber keine Mehrheit", sagt der Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl, der an der mehrstündigen Sitzung teilgenommen hat.

Uhl hält es zwar für richtig, Volksentscheide vor weiteren EU-Beitritten oder der Abgabe von Souveränitätsrechten zu ermöglichen - nicht aber "zu hochkomplizierten finanztechnischen Transfers, bei denen auch Berufspolitiker zum Teil überfordert sind". Eine "Hau-Ruck-Entscheidung der Bevölkerung" sei bei solchen Fragen nicht die richtige Antwort.

Die CSU beschloss dennoch, ihre Mitglieder auch nach dem weiteren Umgang mit der Euro-Krise zu befragen. Der Streit um diesen Punkt ist laut Sitzungsteilnehmern dafür verantwortlich, dass sich der Parteivorstand noch nicht auf genaue Fragen festlegen konnte. Sobald die Fragen stehen, will die CSU laut Spaenle die Befragung innerhalb von drei Monaten online und schriftlich durchführen.

Mitte Juli soll es eine Veranstaltung für alle Parteimitglieder zu dem Themenkomplex geben. Dort sollen sowohl der Europaabgeordnete Bernd Posselt, der sich gegen plebiszitäre Elemente ausspricht, als auch der Euro-Skeptiker Peter Gauweiler ihre Positionen darlegen. "Wir haben ein sehr breites Meinungsspektrum", sagte Spaenle.

Die CSU hat die Themen Euro und Europa nicht zufällig für ihr Experiment mit mehr Basisdemokratie gewählt: Der Unmut über die EU-Politik ist bei vielen Mitgliedern erheblich. Zudem bemüht sich die CSU um neue Wege der Mobilisierung. "Wir sind in einer Großstadt in einer besonderen gesellschaftlichen Situation, deshalb sind mir innovative Beteiligungsformen wichtig", sagte Spaenle.

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