Süddeutsche Zeitung

"Precobs":Die Prognosesoftware

Precobs heißt der unsichtbare Kollege, der die Polizei auf bevorstehende Einbrüche aufmerksam machen soll. Der Name steht für "Pre Crime Observation System" - eine Prognosesoftware, die mit Daten vergangener Einbrüche und verdächtiger Wahrnehmungen gespeist wird. Sie soll mit "hoher Wahrscheinlichkeit" Zeit und Gegend künftiger Wohnungseinbrüche vorhersagen können, hieß es in diesem Herbst bei einer Pressekonferenz des Münchner Polizeipräsidiums. Wichtig sind genügend Daten und gute Algorithmen, die aus statistischen Berechnungen gewonnen werden.

Im "Vorgangsverwaltungssystem" speichert die Polizei jeden Einbruch der vergangenen fünf Jahre mit genauem Ort und anderen Daten: Ob der Tatort eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus war oder ein Einfamilienhaus, ob der Täter "hebelte" oder "einstieg". Wird ein neuer Einbruch gemeldet, den die Software als Teil einer möglichen Serie erkennt, löst der Computer Alarm aus. Die Beamten bekommen eine Mail mit Karte und Hinweisen. Precobs zeigt auf Quadraten von 250 mal 250 Metern entsprechend der statistischen Wahrscheinlichkeit, dass es in der Gegend innerhalb eines bestimmten Tages zu einem Einbruch kommt. Rote Gebiete sind besonders gefährdet.

Die Fahnder wissen, dass professionelle Täter vor jedem Einbruch eine Art "Kosten-Nutzen-Rechnung" aufstellen. "Ausbaldowern" nennt das Kriminalhauptkommissar Arno Helfrich. Darin sind Muster zu erkennen, die sich der Computer zunutze macht und quasi eine "Gegenrechnung" aufstellt. Precobs zeigt der Polizei, wann und wo sie am dringendsten benötigt wird. Dann sind auch Personen- und Autokontrollen möglich. Das könne zwar "Zeitverzögerungen für die Bürger" bedeuten, sagt Polizeivizepräsident Werner Feiler, trage jedoch zu ihrem Schutz bei.

In Zürich ging die Zahl der Einbrüche, seit die Polizei dort mit Precobs arbeitet, um die Hälfte zurück. Sich auf den elektronischen Kollegen allein zu verlassen, reicht der Polizei nicht. Der führt laut Helfrich zwar zu einem "Verdrängungseffekt, er ist aber kein Allheilmittel".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3319964
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.01.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.