Porno-Fund bei Domkapellmeister:"Jeder ist gewarnt"

Der Fall des Domkapellmeisters: Die Grenzen privater Nutzung von Dienst-PCs sind meist klar definiert und doch werden die Regeln gebrochen.

Monika Maier-Albang

Renate Richter von der Berliner Verdi-Bundeszentrale hat schon viele schwierige Fälle auf den Tisch bekommen, wenn es um katholische Kirche und Arbeitsrecht geht. Sie hatte mit Kindergärtnerinnen zu tun, die konvertiert waren oder einen geschiedenen Mann geheiratet hatten - und sich nun um ihren Arbeitsplatz Sorgen machen mussten. Sie beriet Männer und Frauen, bei denen eine homosexuelle Beziehung aufgeflogen war, und Frauen, die abgetrieben hatten.

Porno-Fund bei Domkapellmeister: Die Kirchen als bundesweit zweitgrößter Arbeitgeber nach dem Staat haben längst Richtlinien für die Computernutzung erlassen.

Die Kirchen als bundesweit zweitgrößter Arbeitgeber nach dem Staat haben längst Richtlinien für die Computernutzung erlassen.

(Foto: Foto: ddp)

All das, sagt Richter, berühre die Frage des "Tendenzschutzes", den die Kirchen als Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen können und wonach sie besondere moralische Anforderungen an ihre Mitarbeiter stellen dürfen. Verstößt ein Mitarbeiter dagegen, kann er gekündigt werden - er muss aber nicht. In der Praxis, so ist Richters Erfahrung, kommen solche Fälle meist nur dann vor ein Arbeitsgericht, wenn es vorher schon Konflikte gab.

Eine "heikle Sache"

Der Fall, der gerade in München Schlagzeilen gemacht hat, habe mit dem Tendenzschutz aber nichts zu tun, sagt die Verdi-Expertin. Wenn ein Arbeitnehmer auf seinem Dienst-PC und womöglich noch in seiner Arbeitszeit Pornos herunterlädt, wäre das auch bei einem nicht-kirchlichen Arbeitgeber eine "heikle Sache" und unter Umständen mit einer Abmahnung nicht abgetan. Im konkreten Fall ist der kirchliche Mitarbeiter, ein Domkapellmeister, der Pornos auf seinen Dienst-PC geladen hatte, einer Kündigung zuvorgekommen - man einigte sich auf eine Vertragsaufhebung (die SZ berichtete).

Die meisten größeren Firmen untersagen inzwischen generell die Nutzung des dienstlichen PCs für private Zwecke, erklärt Erich Eisner, Fachanwalt für Arbeitsrecht in München. Dies gelte dann unabhängig davon, was der Arbeitnehmer anschaut - Pornos oder Autowerbung. "Die Arbeitgeber setzen den Spielraum lieber kleiner an, großzügig kann man in der Praxis immer noch sein", sagt Eisner.

Der Arbeitgeber erhält aber so die Möglichkeit, einen Mitarbeiter abzumahnen oder eine ordentliche Kündigung auszusprechen für den Fall, dass der Mitarbeiter statt zu arbeiten "seine Zeit vor dem PC totschlägt". Eine fristlose Kündigung sei allein aufgrund der privaten Internetnutzung nicht möglich. Kleinere Firmen verzichten laut Eisner meist auf Richtlinien. "Sie lassen ihre Mitarbeiter in der Freizeit, etwa in der Mittagspause, auch privat surfen." Nur sollte man eben wissen, was der eigene Arbeitgeber erlaubt und was nicht.

50.000 Beschäftigte

Die Kirchen als bundesweit zweitgrößter Arbeitgeber nach dem Staat haben längst Richtlinien erlassen. In Bayern gilt für die rund 50.000 Beschäftigten der sogenannten verfassten katholischen Kirche - die Caritas ausgenommen - das Arbeitsvertragsrecht der Bayerischen (Erz-)Diözesen (ABD). In Teil D § 2 ist die Nutzung der Internetdienste geregelt. Diese dürfen von kirchlichen Mitarbeitern demnach "grundsätzlich nur dienstlich genutzt werden". Unzulässig ist insbesondere "jede Nutzung, die objektiv geeignet ist, den Interessen der Katholischen Kirche oder deren Ansehen in der Öffentlichkeit zu schaden oder die gegen geltende Gesetze und/oder Verordnungen verstößt".

Genannt werden ausdrücklich "das Abrufen oder Anbieten/ Versenden von beleidigenden, verleumderischen, verfassungsfeindlichen, rassistischen, sexistischen oder pornografischen Äußerungen oder Abbildungen". Das Erzbistum München und Freising hat erläuternd im März 2004 seine Mitarbeiter in einem Rundschreiben darauf hingewiesen, dass eine private Nutzung nur dann zulässig ist, "wenn sie dienstlich veranlasst ist".

"Jeder ist gewarnt"

Als Beispiel nennt Robert Winter, Vorsitzender der Mitarbeitervertretung im Erzbischöflichen Ordinariat, den Fall, dass ein Mitarbeiter nachhause mailt, weil er wegen seiner Arbeit später kommt. In der Praxis wird die unverfängliche private Internet-Nutzung nicht geahndet. Anders sieht es aus, wenn der Verdacht besteht, dass (kinder-)pornographische Dateien geladen wurden. Dann wird nachgeforscht. Und auch ohne Anfangsverdacht lässt das Erzbistum seine Administratoren regelmäßig Stichproben durchführen - sowohl im Ordinariats-internen Netz als auch in dem Netz, das die Pfarreien verknüpft. Wird man fündig, werde der Fall zunächst unter Wahrung der Anonymität des Users untersucht, sagt Winter.

Erst wenn sich zeige, dass tatsächlich ein "auffälliges Surferverhalten" vorliegt und jemand nicht zufällig auf eine verfängliche Web-Seite gekommen ist, werde die Person "ent-anonymisiert" und befragt.Auch über dieses Stichproben-Verfahren habe der Dienstgeber 2004 informiert. "Es ist also jeder gewarnt", sagt Winter.

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