Süddeutsche Zeitung

Polizist:Räuberfänger

Herbert Prussas kann sich auf sein Gefühl verlassen

Von Julian Hans

Manchmal, wenn Herbert Prussas müde vom Nachtdienst am Frühstückstisch sitzt, sagt seine Frau zu ihm: "Erzähl' doch mal wieder eine von deinen Räubergeschichten!". Und dann erzählt er. Wie er sich mit den Kollegen an das Lokal angeschlichen hat, in dem sie illegales Glücksspiel vermuteten. Wie sie innerhalb von Sekunden alle Räume besetzt haben, in der Hoffnung, jemanden zu erwischen, der am besten noch die Würfel in der einen und die Geldscheine in der anderen hält. Aber dann waren da kein Geld und keine Würfel und sie mussten wieder abziehen. Oder wie sie im Dunkeln den Luitpoldpark abgesucht haben, weil dort ein bewaffneter Raub passiert war. Und hinterher mussten sie alle Stiefel putzen, weil sie über eine beliebte Hundewiese gestapft sind. Was aus den Fällen wird, die er als Zugführer bei der Einsatzhundertschaft aufnimmt, erfährt der 42-Jährige häufig erst aus der Zeitung, wenn die Täter vor Gericht stehen. Denn nachdem er einen Räuber geschnappt, einen Gewalttäter überwältigt, einen Dieb festgenommen hat, übergibt er an das jeweilige Fachdezernat der Kriminalpolizei. Trotzdem gibt es oft auch richtig befriedigende Erlebnisse. Wenn er den Obdachlosen wiedersieht, den er vor einigen Wochen schmutzig und krank in eine Klinik einliefern ließ und es geht ihm gut. Oder wenn er zu einem Einbruch gerufen wird und denkt: Wie könnte der Täter aussehen? Wohl nicht so, wie man ihn sich vorstellt, mit Maske und einem Jutesack über der Schulter. Und dann fällt ihm ein Radfahrer auf, der kommt ihm komisch vor. Beute hat er nicht dabei, aber an seinen Ärmeln glitzert was - feine Glassplitter von einem Fenster, das er aufgebrochen hat. Das Bauchgefühl hat gestimmt.

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Quelle:
SZ vom 06.09.2019
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